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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 105<br />

stellen (Art. 227 EGV). Allerdings ist diese Möglichkeit kaum relevant, da Mitgliedstaaten<br />

sich in <strong>der</strong> Regel nicht gegenseitig beim EuGH <strong>der</strong> Versäumnisse<br />

bezichtigen.<br />

Viel relevanter sind private Akteure als Initiatoren judikativer Politik. Durch<br />

den Vorrang und die direkte Wirkung des Europarechts können sie sich vor<br />

nationalen Gerichten auf ihre europäische Rechtsposition beziehen. Existiert<br />

in einem Fall noch keine etablierte Rechtsprechung, kann das nationale Gericht<br />

den EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren (Art. 234 EGV) anrufen,<br />

sonst wendet es Europarecht direkt an. Des Weiteren können sich private Akteure<br />

auch bei <strong>der</strong> Kommission beschweren und darauf drängen, dass diese<br />

ein Vertragsverletzungsverfahren beziehungsweise eine wettbewerbsrechtliche<br />

Entscheidung gegen einen Mitgliedstaat beziehungsweise gegen das Verhalten<br />

an<strong>der</strong>er privater Akteure anstrebt. Schließlich haben private Akteure die Möglichkeit,<br />

eine Nichtigkeitsklage gegen Gemeinschaftsorgane anzustreben, wenn<br />

sie durch <strong>der</strong>en Entscheidung unmittelbar, individuell und gegenwärtig betroffen<br />

sind (Art. 230 EGV). Zuständig ist zunächst das Gericht erster Instanz.<br />

Relevant ist dies vor allem bei wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen <strong>der</strong> Europäischen<br />

Kommission, auf die oben bereits eingegangen wurde. Ein Beispiel<br />

ist hier die Klage von Microsoft gegen die von <strong>der</strong> Kommission 2004 getroffene<br />

Entscheidung, dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung durch<br />

die <strong>Integration</strong> des Mediaplayers sowie die fehlende Offenlegung von Daten seines<br />

Betriebssystems missbrauche. Das Gericht erster Instanz wies diese Klage<br />

ab und Microsoft verzichtete darauf, Rechtsmittel beim EuGH einzulegen. 3<br />

2.2 Rechtliche Interpretation im Wandel<br />

Judikative Politik, die Interpretation und die Fortentwicklung des rechtlichen<br />

Rahmens durch Gerichte, bildet in rechtsstaatlichen Gemeinwesen immer den<br />

Hintergrund legislativer Politik. Fraglich ist also zunächst, warum dies in <strong>der</strong> EU<br />

bemerkenswerter sein sollte als im nationalen Kontext. Verglichen mit <strong>der</strong> nationalen<br />

Situation führt die schnell fortschreitende europäische <strong>Integration</strong> zu<br />

einer kontinuierlichen Entwicklung <strong>der</strong> Rechtsprechung zur Reichweite des EG-<br />

Vertrags. Zudem gestaltet dieser Vertrag primär eine Wirtschaftsverfassung, die<br />

die Rechte von Marktsubjekten bestimmt. Über die Zeit lassen sich erhebliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Interpretation des Vertrages durch den EuGH feststellen.<br />

Der EuGH folgt bei seiner Interpretation vorwiegend <strong>der</strong> teleologischen Metho-<br />

3 Siehe den Bericht <strong>der</strong> FAZ zum Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. September 2007<br />

unter: < www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~EF4A9742B<br />

2ED74A89B8C35B9BB87B8257~ATpl~Ecommon~Scontent.html >.

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