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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 115<br />

päischen Rechts unterwerfen. <strong>Die</strong>s können die Regierungen nicht verhin<strong>der</strong>n.<br />

Allerdings können sie durch die rechtzeitige Verabschiedung von Sekundärrecht<br />

hoffen, die Interpretation des EuGH zu beeinflussen (Everling 1984: 232).<br />

3.3 »Teile und herrsche« als Strategie<br />

Bei <strong>der</strong> Strategie des »kleineren Übels« verän<strong>der</strong>t die Kommission die Rückfallposition<br />

<strong>der</strong> Verhandlungen im Ministerrat. <strong>Die</strong> Kommission hat noch eine<br />

weitere Möglichkeit, aktiv den Hintergrund judikativer Politik zu nutzen, um<br />

legislative Politik voranzutreiben. <strong>Die</strong> Kommission kann auch mit ihren wettbewerbsrechtlichen<br />

Kompetenzen in einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar Verän<strong>der</strong>ungen<br />

bewirken. Antworten die betroffenen Mitgliedstaaten nicht mit nationalen<br />

Reformen auf diese exekutiven, wettbewerbsrechtlichen Maßnahmen,<br />

muss <strong>der</strong> Gerichtshof entscheiden. Insofern beruht also diese Strategie auch auf<br />

judikativer Politik. Durch die nationalen Reformen än<strong>der</strong>t sich <strong>der</strong> Idealpunkt<br />

dieser Mitgliedstaaten – während sie zunächst gegen die Maßnahmen <strong>der</strong> Kommission<br />

waren, sprechen sie sich nach erzwungenen nationalen Reformen dafür<br />

aus. Für »teile und herrsche« ist die Liberalisierung <strong>der</strong> Bodenabfertigung auf<br />

Flughäfen ein gutes Beispiel. In diesem Fall wi<strong>der</strong>setzte sich zunächst eine ausreichende<br />

Anzahl an Mitgliedstaaten <strong>der</strong> Liberalisierung, sodass <strong>der</strong> Kommissionsvorschlag<br />

im Ministerrat keine Chance auf Verwirklichung gehabt hätte.<br />

Durch exekutive Maßnahmen des Wettbewerbsrechts konnte die Kommission<br />

jedoch bei einigen <strong>der</strong> ursprünglichen Gegner nationale Än<strong>der</strong>ungen erreichen,<br />

woraufhin die Richtlinie im Ministerrat gegen die Stimmen Deutschlands und<br />

Österreichs angenommen wurde (Schmidt 1998: 286–292). Wichtig für den Erfolg<br />

von »teile und herrsche« ist, dass die Kommission die Mitgliedstaaten nicht<br />

nur zu Än<strong>der</strong>ungen bewegt, son<strong>der</strong>n sie darüber hinaus als Koalitionspartner<br />

für eine gemeinschaftsweite Regelung gewinnt.<br />

Beide Strategien unterscheiden sich dadurch, dass die Kommission bei »teile<br />

und herrsche« nationale Än<strong>der</strong>ungen veranlasst, auf die in einem zweiten Schritt<br />

eine europaweite Regelung erfolgt. Bei <strong>der</strong> »Wahl des kleineren Übels« steht<br />

dagegen eine Drohung im Raum, <strong>der</strong> die Mitgliedstaaten durch gemeinsames<br />

Handeln ausweichen. 9<br />

Im Kontext <strong>der</strong> Liberalisierungspolitik gibt es verschiedene Beispiele dafür,<br />

dass die Kommission ihre wettbewerbsrechtlichen Kompetenzen, insbeson<strong>der</strong>e<br />

bezogen auf die Genehmigung von Fusionen o<strong>der</strong> Beihilfen, dazu nutzt, um<br />

9 Beide Strategien können auch empirisch gemeinsam auftreten, wie sich an <strong>der</strong> Elektrizitätsliberalisierung<br />

zeigen lässt. Da hier einige Mitgliedstaaten mit nationalen Än<strong>der</strong>ungen auf die<br />

For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Kommission reagiert haben, trägt das Beispiel auch Züge von »teile und herrsche«.

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