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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 111<br />

Abbildung 1 Das Verhältnis von judikativer und legislativer Politik<br />

Judikative Dominanz Interaktion Legislative Dominanz<br />

Rechtsprechung<br />

ersetzt legislative<br />

Maßnahmen (3.1)<br />

Aktiver Druck:<br />

Wahl des kleineren<br />

Übels (3.2), »teile<br />

und herrsche« (3.3)<br />

negativen <strong>Integration</strong> aus. Im Extremfall führt die Verknüpfung legislativer mit<br />

judikativer Politik dazu, dass letztere erstere völlig ersetzt. Eine Entscheidung<br />

im Legislativprozess ist dann nicht mehr notwendig, weil Richterrecht bereits<br />

besteht. Hierzu finden sich immer wie<strong>der</strong> Beispiele in <strong>der</strong> Literatur, wenn auch<br />

keine systematische Übersicht solcher Fälle zu existieren scheint (3.1). Des Weiteren<br />

eignet sich <strong>der</strong> Kontext judikativer Politik für die Kommission, um die<br />

Verhandlungen im Ministerrat strategisch in Richtung auf negative <strong>Integration</strong><br />

zu beeinflussen. Das zeige ich anhand früherer Arbeiten (Schmidt 2000, 2001a,<br />

2001b). <strong>Die</strong> Kommission kann entwe<strong>der</strong> mit judikativer Politik des EuGH drohen<br />

und damit die Annahme ihrer Vorschläge im Ministerrat als »kleineres Übel«<br />

darstellen (3.2), o<strong>der</strong> sie kann einzelne Mitgliedstaaten gezielt mit exekutiver<br />

o<strong>der</strong> judikativer Politik unter Druck setzen, sodass diese ihre Politik än<strong>der</strong>n und<br />

in einem zweiten Schritt im Ministerrat die Vorhaben <strong>der</strong> Kommission unterstützen<br />

(»teile und herrsche«; 3.3). Angesichts ihrer beschränkten Ressourcen,<br />

<strong>der</strong> eigenen politischen Schwerpunktsetzung und <strong>der</strong> aus ihrer Sicht weitgehend<br />

ungesteuerten Entwicklung <strong>der</strong> Rechtsprechung des EuGH, die zu einem großen<br />

Teil auf Vorabentscheidungsverfahren beruht, kann eine solche Art <strong>der</strong><br />

strategischen Nutzung von Richterrecht nicht die einzige Art <strong>der</strong> Beeinflussung<br />

sein. Deshalb wird in einem letzten Schritt (3.4) als Beispiel für eine allgemeine<br />

Verknüpfung legislativer mit judikativer Politik die kürzlich verabschiedete<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie diskutiert. Da es um die Bedeutung judikativer für<br />

legislative Politik geht, werden Beispiele, in denen aufgrund fehlen<strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

keinerlei Bedeutung judikativer für legislative Politik besteht, nicht<br />

diskutiert.<br />

3.1 Judikative statt legislativer Politik<br />

Passive Verknüpfung<br />

mit <strong>der</strong> Rechtsprechung:<br />

Beispiel<br />

<strong>Die</strong>nstleistungs -<br />

richtlinie (3.4)<br />

Kein Einfluss <strong>der</strong><br />

Rechtsprechung<br />

Nur kurz erwähnt werden sollen Fälle, in denen Richterrecht des EuGH Beschlüsse<br />

des Ministerrates völlig ersetzt hat (Pescatore 1983: 568). Ein Beispiel<br />

hierfür findet sich bei Stein: Nach einem EuGH-Urteil (C-293/83) nahm die<br />

Kommission aus einem Richtlinienvorschlag zur Freizügigkeit Regelungen zum<br />

Aufenthaltsrecht von Studenten heraus, da diese bereits durch den EuGH ge-

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