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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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396 p e t e r a. Ha l l u n d ro b e r t j. fr a n z e S e , jr .<br />

davon abhängen, von welchem Quadranten – also von welcher institutionellen<br />

Konfiguration – es sich durch die Teilnahme an <strong>der</strong> Währungsunion in den<br />

zweiten Quadranten bewegt. Län<strong>der</strong> mit relativ abhängigen Zentralbanken und<br />

unkoordinierter Lohnfindung (Quadrant I), wie beispielsweise Großbritannien,<br />

Irland und Frankreich, mögen aufgrund eines sinkenden Misery-Index nach<br />

Okun (Inflation plus Arbeitslosigkeit) leicht gewinnen. Griechenland, Portugal<br />

und Spanien fallen möglicherweise in dieselbe Kategorie, sind in unserer Analyse<br />

aber nicht enthalten. Erwarten diese Län<strong>der</strong> allerdings eine Wie<strong>der</strong>holung<br />

des Erfolgs des deutschen Modells auf europäischer Ebene, wird die Enttäuschung<br />

überwiegen. Denn sie bewegen sich in den Quadranten II, nicht in den<br />

Qua dranten IV.<br />

In allen an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n aber, so zeigen die in Tabelle 5 dargestellten Daten,<br />

könnte <strong>der</strong> Eintritt in die Währungsunion sogar effizienzmin<strong>der</strong>nde Wirkungen<br />

entfalten. Denn diese Län<strong>der</strong> wechseln von den institutionellen Bedingungen<br />

<strong>der</strong> Quadranten III und IV zu denen des zweiten Quadranten. Deutschland, ein<br />

wesentlicher Motor <strong>der</strong> Währungsunion, könnte ironischerweise zu den größten<br />

Verlierern zählen. Deutschland hat lange von <strong>der</strong> reibungslosen Interaktion zwischen<br />

unabhängiger Zentralbank und koordinierter Lohnaushandlung profitiert.<br />

<strong>Die</strong>se Interaktion wird durchbrochen. <strong>Die</strong> Bundesbank wird durch eine Europäische<br />

Zentralbank ersetzt, die sich einer Vielzahl von organisatorisch disparaten<br />

und unkoordinierten Einheiten <strong>der</strong> Lohnaushandlung gegenübersehen wird; es<br />

kann nicht erwartet werden, dass sie auf das Verhalten <strong>der</strong> deutschen Tarifpartner<br />

mehr antworten wird als auf das <strong>der</strong> Franzosen o<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>. 44 In <strong>der</strong><br />

Tat werden alle Län<strong>der</strong> mit koordinierter Lohnfindung darunter leiden, sich in<br />

einer Währungsunion mit zahlreichen unkoordinierten Einheiten <strong>der</strong> Lohnaushandlung<br />

wie<strong>der</strong>zufinden. Für den deutschen Fall legt Tabelle 5 einen Anstieg<br />

des Misery-Index von ungefähr 7 auf fast ungefähr 11 nahe. Der Übergang zur<br />

Währungsunion dürfte für die Beteiligten somit kein ungeteilter Segen sein; die<br />

Effekte auf den wirtschaftlichen Erfolg werden sich ungleich über die Teilnehmerlän<strong>der</strong><br />

verteilen.<br />

Neben den variierenden Effekten im Län<strong>der</strong>vergleich könnte die EWU zudem<br />

signifikante Verteilungseffekte zwischen den sozialen Gruppen innerhalb<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> nach sich ziehen. Offensichtlich tangieren Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Inflationsraten<br />

und Arbeitslosenquoten manche Gruppen mehr als an<strong>der</strong>e. Wenn<br />

diese Effekte auch in ihrer Gesamtheit schwer zu identifizieren sind, kann doch<br />

festgestellt werden, dass niedrig qualifizierte gewerbliche Arbeitnehmer und An-<br />

44 Wie Soskice darlegt, könnte die Abwesenheit einer direkt auf die Lohnpolitik antwortenden<br />

Zentralbank die Macht <strong>der</strong> Gewerkschaften relativ zur Macht <strong>der</strong> Arbeitgeberverbände vergrößern,<br />

woraus sich weitere Effekte für die Funktionsweise des deutschen Systems ergeben<br />

könnten (siehe Soskice 1999).

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