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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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e u r o p ä i S c H e in t e g r a t i o n – j u d i k at i V e u n d l e g i S l a t i V e po l i t i k 117<br />

ein, national beispielsweise höhere Umweltstandards festzuschreiben, wird hierdurch<br />

<strong>der</strong> gemeinsame Markt gestört. Damit sind diejenigen Mitgliedstaaten, die<br />

höhere Standards bevorzugen, im Ministerrat in einer besseren Verhandlungsposition.<br />

Unter diesen institutionellen Bedingungen werden wahrscheinlich höhere<br />

Standards verabschiedet werden, um neue Handelsbarrieren zu verhin<strong>der</strong>n,<br />

ähnlich dem »California effect« (Vogel 1995: 5–8; Golub 2000).<br />

Je nachdem ob die Freiheiten breit (im Sinne einer allgemeinen Verpflichtung<br />

zur gegenseitigen Anerkennung) o<strong>der</strong> eng (mit dem Einräumen des Rechts<br />

zur Reklamation nationaler Ausnahmen) interpretiert werden, verschiebt sich<br />

in <strong>der</strong> legislativen Politik also die Verhandlungsposition <strong>der</strong> Beteiligten. Zum<br />

Verständnis <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie ist es deshalb zunächst wichtig, sich die<br />

Interpretation <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit durch den EuGH anzuschauen.<br />

Im Vertrag wird die <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit ausdrücklich auf »vorübergehende«<br />

Leistungen beschränkt, »und zwar unter den Voraussetzungen, welche<br />

dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt« (Art. 50 EGV). Zwar<br />

wandte <strong>der</strong> EuGH bereits im Urteil van Binsbergen (C-33/74) die Idee eines<br />

Beschränkungsverbotes auf die <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit an, wonach die vom<br />

Tätigkeitsland auf vorübergehende Tätigkeiten angewandten Regeln nicht so<br />

weitgehend sein dürfen, dass es tatsächlich zu einer Beschränkung <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungserbringung<br />

kommt. Hierdurch wurde also noch vor dem Cassis-de-Dijon-Urteil<br />

die gegenseitige Anerkennung <strong>der</strong> Herkunftslandregulierung für die<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit (in Grenzen) etabliert. Allerdings legte <strong>der</strong> EuGH die<br />

<strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit traditionell sehr viel restriktiver als die Warenverkehrsfreiheit<br />

aus (Randelzhofer/Forsthoff 2001, Rz. 35; Hatzopoulos 2000: 63f.;<br />

Roth 2002: 20; Davies 2007: 14).<br />

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Rechtsprechung zur Arbeitnehmerentsendung.<br />

Der EuGH sprach hier Frankreich im Fall Rush Portuguesa (C-113/89)<br />

das Recht zu, seinen Mindestlohn auch auf vorübergehend entsandte Arbeitnehmer<br />

aus Portugal anzuwenden. Auf dieser Grundlage wurde dann die Entsen<strong>der</strong>ichtlinie<br />

(96/71/EG) verabschiedet. In jüngster Zeit scheint <strong>der</strong> EuGH<br />

allerdings in seinen Urteilen eine liberalere Linie zu verfolgen. <strong>Die</strong> Notwendigkeit,<br />

Beschränkungen des grenzüberschreitenden <strong>Die</strong>nstleistungshandels<br />

auszuräumen, wird stärker in den Vor<strong>der</strong>grund gestellt. So verzichtete <strong>der</strong><br />

EuGH 2003 im Fall Schnitzer (C-215/01) darauf, die vorübergehende Natur<br />

<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit (in Abgrenzung zur dauerhaften Tätigkeit, die von<br />

<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit erfasst wird) herauszustellen. In einem späteren Fall<br />

betonte <strong>der</strong> EuGH, dass »all services that are not offered on a stable and continuous<br />

basis from an established professional base in the Member State of<br />

destination constitute provision of services within the meaning of Article 49<br />

EC« (Hatzopoulos/Do 2006: 929, Hervorhebung im Original).

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