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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d i e en t S t e H u n g e i n e S p o l i t i S c H e n ge M e i n w e S e n S 185<br />

es den Produzenten aus hoch regulierten Län<strong>der</strong>n, ihre Erzeugnisse in Län<strong>der</strong><br />

mit niedrigeren Standards zu exportieren und gleichzeitig die eigenen Märkte zu<br />

schützen (Sbragia 1996; Scharpf 1996b).<br />

Betrachtet man den Produktionsprozess, für den die Ausnahmebestimmungen<br />

von Artikel 36 (heute Art. 30) nicht gelten (zum Beispiel die Arbeitsbedingungen),<br />

fällt die Antwort nicht eindeutig aus, ob ein Unterbietungswettbewerb<br />

stattfindet. Ein Grund dafür ist, dass Regierungen besser als erwartet in <strong>der</strong><br />

Lage sind, hohe Standards aufrechtzuerhalten, selbst wenn dies für nationale<br />

Produzenten Kostennachteile zu verursachen scheint (Scharpf 1996b; Vogel<br />

1996). Wie sich eine Regierung verhalten wird, wenn ein Zielkonflikt zwischen<br />

sozialen Werten o<strong>der</strong> Umweltschutz und möglichen Wohlfahrtseinbußen besteht,<br />

ist nicht einfach vorherzusehen. Ihr Verhalten hängt davon ab, wie sich<br />

<strong>der</strong> Zielkonflikt durch beispielsweise sinkende Popularitätswerte <strong>der</strong> Regierung<br />

in politische Kosten übersetzt und welche relevanten Wählergruppen Vorteile<br />

aus <strong>der</strong> Entscheidung ziehen.<br />

Schließlich muss hervorgehoben werden, dass positive Regulierung nicht<br />

notwendigerweise wirtschaftlich ineffizient ist. So hat Scharpf argumentiert, dass<br />

hohe Regulierungsstandards als Ausweis einer hohen Produktqualität dienen<br />

können, die im Markt honoriert wird – zum Beispiel wenn die Regulierungsstandards<br />

von Konsumenten als Absicherung gegen Gesundheits-, Sicherheits- o<strong>der</strong><br />

auch finanzielle Risiken angesehen werden, o<strong>der</strong> wenn sie für die Industrie einen<br />

Anreiz bieten, die Produktivität zu erhöhen (Scharpf 1996b). Unter bestimmten<br />

Voraussetzungen lässt sich statt eines Unter- ein Überbietungswettlauf erwarten.<br />

Unter Wirtschaftswissenschaftlern ist umstritten, ob höhere Umweltstandards<br />

das Wirtschaftswachstum verringern o<strong>der</strong> för<strong>der</strong>n. Obwohl die ökonomischen<br />

Vor- und Nachteile eines <strong>europäischen</strong> Engagements in <strong>der</strong> beruflichen<br />

Bildung und Weiterbildung o<strong>der</strong> in Forschung und Entwicklung umstritten sind,<br />

unterstützen einige Wirtschaftsinteressen in Län<strong>der</strong>n mit niedrigeren Standards<br />

EU-Initiativen in diesen Fel<strong>der</strong>n.<br />

Supranationale Akteure<br />

Vor allem <strong>der</strong> Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen zu den vier<br />

Freiheiten (Arbeit, Waren, Kapital, <strong>Die</strong>nstleistungen), die den Kern des Binnenmarktprojekts<br />

ausmachen, die Entstehung sozialer Bürgerrechte (social citizenship)<br />

geför<strong>der</strong>t (Leibfried/Pierson 1995, 1996). Seit Mitte <strong>der</strong> Achtzigerjahre<br />

hat <strong>der</strong> EuGH die Mitgliedstaaten schrittweise dazu gezwungen, ihre nationalen<br />

Sozialstaaten auch für Beschäftigte aus an<strong>der</strong>en EU-Län<strong>der</strong>n zu öffnen und den<br />

Konsumenten die Inanspruchnahme von sozialen <strong>Die</strong>nstleistungen auch außerhalb<br />

des Herkunftslands zu ermöglichen. Zwar ist <strong>der</strong> Gerichtshof nicht so

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