07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

z e n t r a l b a n k u n a b H ä n g i g k e i t u n d k o o r d i n i e r t e lo H n a u S H a n d l u n g 371<br />

1 Theorien <strong>der</strong> Zentralbankunabhängigkeit<br />

Einem Großteil <strong>der</strong> Literatur zur Zentralbankunabhängigkeit liegt das neoklassische<br />

Standardmodell zugrunde. <strong>Die</strong>ses Modell nimmt an, dass die Inflationsrate<br />

vor allem von dem durch die Zentralbank kontrollierten Wachstum des<br />

Geldangebots determiniert wird, während die Arbeitslosenrate vom Reallohnniveau<br />

und von nicht antizipierten Politikwechseln beeinflusst wird. 5 Innerhalb<br />

dieses Rahmens schreibt eine Reihe von Theorien <strong>der</strong> Zentralbankunabhängigkeit<br />

Vorzüge zu. So argumentieren einige Experten, dass unabhängige Zentralbanken<br />

die Wirtschaft effektiver stimulieren können, weil die Marktteilnehmer<br />

expansive Maßnahmen von ihnen weniger antizipieren, als es bei von <strong>der</strong> Politik<br />

abhängigen Zentralbanken <strong>der</strong> Fall wäre. 6 An<strong>der</strong>e legen dar, dass Zentralbankunabhängigkeit<br />

politische Konjunkturzyklen eindämmt, die aus Manipulationen<br />

<strong>der</strong> Geldpolitik kurz vor <strong>der</strong> Wahl o<strong>der</strong> aus »Parteienschocks« kurz nach <strong>der</strong><br />

Wahl resultieren (siehe Nordhaus 1975; Beck 1982; Alesina 1998; Clark/Lomas/Parker<br />

1998). Uns allerdings geht es vor allem um den Begründungszusammenhang,<br />

<strong>der</strong> am häufigsten zur Rechtfertigung <strong>der</strong> Zentralbankunabhängigkeit<br />

genannt wird: jenen, <strong>der</strong> sich aus dem Problem <strong>der</strong> Zeitinkonsistenz <strong>der</strong> Geldpolitik<br />

im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Nominallohnsetzung ergibt.<br />

<strong>Die</strong>se Theorie setzt an <strong>der</strong> Tatsache an, dass Nominallöhne und/o<strong>der</strong> nominale<br />

Preise für einen Zeitraum vereinbart werden müssen, für den die Geldpolitik<br />

noch nicht feststeht. Angesichts <strong>der</strong> Ungewissheit über die zukünftige Geldpolitik<br />

(und somit über die zukünftige Inflationsrate) einigen sich die Vertragspartner<br />

auf höhere als eigentlich intendierte nominale Löhne und Preise, um damit<br />

<strong>der</strong> Möglichkeit Rechnung zu tragen, dass zukünftige Inflation Reallöhne und<br />

Einnahmen vermin<strong>der</strong>t. Das Ergebnis ist eine Lohn- und Preispolitik, die inflationärer<br />

wirkt, als es ohne das Zeitinkonsistenzproblem <strong>der</strong> Fall wäre. <strong>Die</strong> Zentralbank<br />

kann zwar zusichern, dass sie keine entsprechende Inflation zulassen<br />

wird. <strong>Die</strong> Glaubwürdigkeit solcher Zusicherungen wird allerdings in dem Maße<br />

unterminiert, in dem die Zentralbank von Politikern abhängig ist – sind diese<br />

doch anfällig für elektoralen Druck, <strong>der</strong> sie zu expansiver Politik anhalten kann.<br />

Folglich wird eine größere Unabhängigkeit <strong>der</strong> Zentralbank von <strong>der</strong> Politik die<br />

Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Festlegung auf eine straffe Geldpolitik erhöhen. Damit<br />

wird die Angst <strong>der</strong> Vertragspartner vor realen Lohn- und Einnahmeverlusten<br />

durch nicht antizipierte Inflation reduziert und so <strong>der</strong> Abschluss niedrigerer no-<br />

5 Einige dieser Annahmen mögen umstritten sein. Das ist an dieser Stelle aber weniger relevant,<br />

denn unsere Argumentation hält vor dem Hintergrund einer Bandbreite ökonomischer Grundannahmen,<br />

inklusive <strong>der</strong> Annahmen <strong>der</strong> neoklassischen Theorie.<br />

6 Siehe zu diesem Argument und zu weiteren Argumenten, die über unsere Diskussion hinausgehen:<br />

Cukierman (1992).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!