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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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174 l i e S b e t Ho o g H e u n d ga r y Ma r k S<br />

Unterstützer<br />

Das neoliberale Projekt ist das einer Min<strong>der</strong>heit. Als prominentester und entschiedenster<br />

Verfechter ist die konservative Partei Großbritanniens zu nennen,<br />

vor allem unter <strong>der</strong> Führung von Margaret Thatcher (King/Wood 1999; Whiteley<br />

et al. 1994) und, nach einer kurzen mo<strong>der</strong>aten Phase zwischen 1990 und<br />

1992, ihrem Nachfolger John Major. Allerdings ist <strong>der</strong> Neoliberalismus gerade<br />

bei strategisch gut platzierten wirtschaftlichen und politischen Akteuren fest<br />

verankert. Zu ihnen gehören neben den Vorständen multinationaler Konzerne,<br />

Industrieverbände (einschließlich einer Mehrheit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> von UNICE,<br />

dem Dachverband <strong>der</strong> <strong>europäischen</strong> Industrie und <strong>der</strong> Arbeitgeberorganisationen),<br />

Finanzinteressen (beispielsweise in den Zentralbanken und <strong>der</strong> internationalen<br />

Finanzwirtschaft) auch die wirtschaftsfreundlichen Teile von CDU/CSU<br />

und FDP sowie an<strong>der</strong>er liberaler und konservativer Parteien und schließlich<br />

Meinungsmacher in den Medien (wie beispielsweise beim Economist).<br />

Auch innerhalb <strong>der</strong> Europäischen Kommission haben neoliberale Ideen an<br />

Rückhalt gewonnen. Während <strong>der</strong> Amtszeit von Jacques Delors war die Kommission<br />

zwischen dem Kommissionspräsidenten und seinen wirtschaftsliberalen<br />

Gegenspielern ideologisch tief gespalten. Letztere wurden von Sir Leon Brittan<br />

angeführt, <strong>der</strong> zuerst Wettbewerbskommissar, dann Kommissar für auswärtige<br />

Beziehungen war. Mit <strong>der</strong> Ernennung Brittans 1988 hatte Margaret Thatcher<br />

einen »liberalen Kreuzritter« im Zentrum <strong>der</strong> Gemeinschaft platziert, dessen<br />

Verständnis <strong>der</strong> Wettbewerbspolitik<br />

nicht nur nationalen Interventionen, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> EU-Industriepolitik wi<strong>der</strong>sprach. …<br />

Während Jacques Delors einen ›organisierten‹ Wirtschaftsraum in Europa schaffen wollte,<br />

beharrte Brittan ebenso vehement auf dem Vorrecht <strong>der</strong> Kommission, den selben Raum zu<br />

›öffnen‹. (Ross 1995b: 176)<br />

<strong>Die</strong> neoliberale Agenda, o<strong>der</strong> zumindest Teile davon, werden von mehreren Generaldirektionen<br />

<strong>der</strong> Kommission (kurz DG von Directorate­General) unterstützt,<br />

insbeson<strong>der</strong>e jenen, die für die Implementation des Binnenmarktes zuständig<br />

sind, wie etwa die mächtige Generaldirektion für Wettbewerb (DG IV). Für<br />

den marktliberalen Aktivismus <strong>der</strong> DG IV lassen sich verschiedene Ursachen<br />

benennen. Ein entscheiden<strong>der</strong> Faktor war die Rekrutierung enthusiastischer<br />

Marktbefürworter in den Achtzigerjahren, die mit <strong>der</strong> allgemeinen Aufwertung<br />

<strong>der</strong> Wettbewerbspolitik im Rahmen des Binnenmarktprogramms zusammenfiel<br />

(McGowan/Wilks 1995; Wilks 1992). <strong>Die</strong>se Akzentverschiebung, die Anfang<br />

<strong>der</strong> Neunzigerjahre auch an<strong>der</strong>e DGs erfasste, wurde durch den Wechsel von<br />

Jacques Delors zu Jacques Santer an <strong>der</strong> Kommissionsspitze verfestigt (Majone<br />

1994; Wallace/Young 1996). In diesem Zusammenhang bemerkte ein leiten<strong>der</strong><br />

Beamter einer marktorientierten Generaldirektion im Juli 1995: »Es ist keine

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