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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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z e n t r a l b a n k u n a b H ä n g i g k e i t u n d k o o r d i n i e r t e lo H n a u S H a n d l u n g 397<br />

gestellte in überproportionaler Weise von steigenden Arbeitslosenquoten betroffen<br />

sind. 45 Selbst wenn sich die Währungsunion im Sinne des Okun-Index<br />

positiv auf die wirtschaftliche Performanz eines Landes auswirken sollte, kann<br />

es gleichzeitig zu Verschiebungen <strong>der</strong> landestypischen Mischung aus Inflation<br />

und Arbeitslosigkeit kommen. Selbst die Län<strong>der</strong>, die von <strong>der</strong> EWU am meisten<br />

profitieren werden (Quadrant I von Tabelle 5), dürften sich auf eine steigende<br />

Arbeitslosigkeit einzustellen haben. In <strong>der</strong> Tat ist aus institutionalistischer Perspektive<br />

zu erwarten, dass die EWU zu höheren Arbeitslosenquoten beitragen<br />

wird, als die meisten Teilnehmerlän<strong>der</strong> historisch gewohnt sind. Und zwar aus<br />

zwei Gründen: Zum einen, weil die Europäische Zentralbank unabhängiger sein<br />

wird als die eigene nationale – und deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit das<br />

Ziel niedrigerer Inflation gegenüber dem Ziel niedrigerer Arbeitslosigkeit höher<br />

gewichten wird. Und zum an<strong>der</strong>en, weil die EWU Inflationsraten anstreben<br />

wird, die die Län<strong>der</strong> historisch zwar gewohnt waren, nun allerdings ein effektiver,<br />

durch ein koordiniertes System <strong>der</strong> Lohnfindung hergestellter Signaling-Mechanismus<br />

fehlt. <strong>Die</strong>se Überlegungen legen nahe, dass jene, die sich am Rande<br />

<strong>der</strong> Arbeitsmärkte befinden, die größte Last an <strong>der</strong> entstehenden Währungsunion<br />

werden tragen müssen.<br />

Freilich wollen wir betonen, dass diese Schlussfolgerungen mit Vorsicht zu<br />

genießen sind. Vielleicht löst die EWU weitere, hier nicht modellierte Effekte<br />

aus, die die aus unserer Analyse abgeleiteten aggregierten o<strong>der</strong> distributiven Wirkungen<br />

aufwiegen; zudem beruhen die Angaben in Tabelle 5 auf historischen<br />

Daten. Aus mehreren Gründen also wird sich die tatsächlich in <strong>der</strong> EWU realisierte<br />

wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von <strong>der</strong> hier dargestellten unterscheiden.<br />

Gleichwohl: <strong>Die</strong> hier diskutierte Theorie und die empirische Evidenz legen<br />

nahe, dass die ökonomischen Wirkungen <strong>der</strong> EWU ungleichmäßiger innerhalb<br />

und zwischen Län<strong>der</strong>n verteilt sein werden, als allgemein angenommen wird.<br />

Um abschließend auf den deutschen Fall zurückzukommen: Zu einer stimmigen<br />

Prognose über die Effekte <strong>der</strong> Währungsunion führt möglicherweise weniger<br />

die historische Performanz des deutschen Modells, als vielmehr Deutschlands<br />

Erfahrungen seit <strong>der</strong> im Jahr 1990 erfolgten Vereinigung. In mancher<br />

Hinsicht verläuft die Entstehung <strong>der</strong> Währungsunion analog zum Prozess <strong>der</strong><br />

deutschen Vereinigung. Unter einer gemeinsamen Geldpolitik werden Hochlohnökonomien<br />

mit hoch qualifizierten Beschäftigten und weniger entwickelte<br />

Regionen vereint. Der Zentralbankrat wird sich mit einer größeren Vielfalt wirtschaftlicher<br />

Schocks auseinan<strong>der</strong>setzen müssen als seine nationalen Vorläufer.<br />

Ebenso werden neue Formen <strong>der</strong> Lohnaushandlung und <strong>der</strong> fiskalischen Koor-<br />

45 Zu solchen Verteilungseffekten gibt es eine reichhaltige Literatur; siehe zum Beispiel Hibbs<br />

(1977), Wood (1994).

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