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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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118 S u S a n n e k. Sc H M i d t<br />

Damit können <strong>Die</strong>nstleistungen entwe<strong>der</strong> über eine Nie<strong>der</strong>lassung im entsprechenden<br />

Mitgliedstaat (nach den dort herrschenden Regeln!) o<strong>der</strong> aber<br />

ebenso dauerhaft grenzüberschreitend erbracht werden. Während in Literatur<br />

und Rechtsprechung bisher die Meinung vorherrschte, dass dauerhaft grenzüberschreitend<br />

erbrachte <strong>Die</strong>nstleistungen nach den Regeln des Tätigkeitslandes<br />

(ebenso wie bei einer Nie<strong>der</strong>lassung) zu erfolgen hätten, scheint sich <strong>der</strong> EuGH<br />

mittlerweile von dieser Interpretation zu lösen. Gleichzeitig hat die Zahl <strong>der</strong><br />

die <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit betreffenden Fälle erheblich zugenommen. Während<br />

zwischen 1995 und 1999 nur 40 Fälle den Gerichtshof erreichten, waren es zwischen<br />

2000 und 2005 schon 140 Fälle (Hatzopoulos/Do 2006: 923).<br />

In diese sich abzeichnende Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Rechtsprechung hinein erfolgte<br />

<strong>der</strong> Kommissionsvorschlag für eine <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie Anfang 2004.<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen waren ebenso wie Waren bereits Teil des Binnenmarktprogramms<br />

<strong>der</strong> frühen Neunzigerjahre, jedoch blieb <strong>der</strong> Handel mit <strong>Die</strong>nstleistungen<br />

weit hinter ihrer Bedeutungszunahme in den nationalen Volkswirtschaften<br />

zurück. In <strong>der</strong> Folge des Binnenmarktprogramms gelang es nur für spezielle<br />

Bereiche, beispielsweise Finanzdienstleistungen, Richtlinien zu verabschieden.<br />

Durch die restriktive Rechtsprechung des EuGH zur <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit<br />

konnte eine generalisierte Vermutung zugunsten <strong>der</strong> gegenseitigen Anerkennung<br />

nicht als Grundlage für den Binnenmarkt dienen.<br />

Da sich die Verabschiedung sektorspezifischer Richtlinien als äußerst zeitaufwendig<br />

herausstellte, versuchte die Kommission, mit <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

durch einen sektorübergreifenden Ansatz den <strong>Die</strong>nstleistungsbinnenmarkt<br />

zu verwirklichen. Etwa 50 Prozent <strong>der</strong> Wirtschaftsaktivität <strong>der</strong> Mitgliedstaaten<br />

sollten von dieser Richtlinie betroffen sein. 10 Der ursprüngliche Vorschlag nahm<br />

nur Glücksspiele sowie öffentliche <strong>Die</strong>nstleistungen ohne Profitinteresse (etwa<br />

Bildung, Kultur) aus. Gesundheitsdienstleistungen und soziale <strong>Die</strong>nste wurden<br />

dagegen einbezogen. Zur Verwirklichung des Binnenmarktes schlug die Richtlinie<br />

das Herkunftslandprinzip vor: <strong>Die</strong> Mitgliedstaaten sollten verpflichtet<br />

werden, in an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten regulierte <strong>Die</strong>nstleistungen als äquivalent<br />

zu ihren eigenen <strong>Die</strong>nstleistungen anzuerkennen. Dazu wurden die ihnen bis<br />

dahin vom EuGH in <strong>der</strong> Rechtsprechung eigentlich zugestandenen Möglichkeiten,<br />

Regeln des Tätigkeitslandes aufzuerlegen, also radikal beschnitten. Da die<br />

Richtlinie ebenso die Durchsetzung <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassungsfreiheit wie <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsfreiheit<br />

zum Ziel hatte, enthielt sie auch weitgehende Verpflichtungen,<br />

unverhältnismäßige nationale Vorschriften abzuschaffen. Insgesamt hatte <strong>der</strong><br />

Vorschlag also ein erhebliches Deregulierungspotenzial, was <strong>der</strong> zuständige<br />

Kommissar Bolkestein auch deutlich zur Kenntnis gab:<br />

10 Bericht des European Industrial Relations Observatory: < www.eurofound.europa.eu/eiro/<br />

2004/07/feature/eu0407206f.html > (24.7.2007)

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