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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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Deregulierte Steuerpolitik:<br />

Körperschaft steuerwettbewerb und<br />

Einkommensbesteuerung in Europa<br />

Steffen Ganghof und Philipp Genschel<br />

1 Wie asymmetrisch sind positive und negative <strong>Integration</strong>?<br />

Anfang <strong>der</strong> Neunzigerjahre war man sich unter Sozialwissenschaftlern einig,<br />

dass die Vollendung des Binnenmarktes zu erheblichem Wettbewerb zwischen<br />

den Mitgliedstaaten führen werde (statt vieler Gatsios/Seabright 1989; Giovannini<br />

1989; Scharpf 1994; Sinn 1995). Je freier sich Güter, <strong>Die</strong>nstleistungen,<br />

Kapital und Personen über nationale Grenzen hinweg bewegen dürften, desto<br />

einfacher würden sie sich auch unliebsamen Regulierungen und Steuern durch<br />

Abwan<strong>der</strong>ung entziehen können. <strong>Die</strong> Abwan<strong>der</strong>ungsdrohung wie<strong>der</strong>um werde<br />

die nationalen Regierungen zwingen, Regulierungen und Steuern zu senken, um<br />

wirtschaftliche Aktivität im Land zu halten o<strong>der</strong> ins Land zu locken. Das Ergebnis,<br />

so fürchteten viele und hofften manche, werde eine Aufweichung regulativer<br />

Standards und eine chronische Unterfinanzierung umverteilungspolitischer Programme<br />

sein. <strong>Die</strong> politische Domestizierung – o<strong>der</strong> Fesselung – des Kapitalismus<br />

im nationalen Wohlfahrtsstaat werde europäisch ausgehebelt.<br />

Fritz Scharpf hat diese Befürchtungen Mitte <strong>der</strong> Neunzigerjahre auf die<br />

bekannte Formel von <strong>der</strong> Asymmetrie von negativer und positiver <strong>Integration</strong><br />

gebracht (Scharpf in diesem Band): <strong>Die</strong> »negative« Marktintegration in <strong>der</strong> EU<br />

schreite stetig voran; die »positive« <strong>Integration</strong> marktkorrigieren<strong>der</strong> Politik bleibe<br />

immer weiter zurück mit <strong>der</strong> Folge, dass die Marktkorrektur insgesamt, also<br />

die politische Einhegung ökonomischer Vorgänge, an Boden verliere. <strong>Die</strong> Mitgliedstaaten<br />

könnten sich wegen des Systemwettbewerbs im Binnenmarkt kostentreibende<br />

Marktkorrekturen auf nationaler Ebene immer weniger leisten, also<br />

hohe Steuern, teure Sozialprogramme und anspruchsvolle Schutzstandards. Der<br />

Ministerrat dagegen könne sich aufgrund seiner mit je<strong>der</strong> Erweiterungsrunde<br />

zunehmenden Heterogenität auf gemeinsame Marktkorrekturen auf europäischer<br />

Ebene nur unter Schwierigkeiten – und möglicherweise immer weniger – eini-<br />

Wir danken Eric Seils für hilfreiche Kommentare. Philipp Genschels Mitarbeit an diesem Kapitel<br />

wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sfb 597 »Staatlichkeit im Wandel«<br />

finanziell unterstützt.

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