07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

d i e en t S t e H u n g e i n e S p o l i t i S c H e n ge M e i n w e S e n S 167<br />

Wir konzeptionalisieren diese beiden Dimensionen als unverbunden, was<br />

sich darin ausdrückt, dass die beiden Achsen orthogonal zueinan<strong>der</strong> stehen. In<br />

Wirklichkeit scheint es jedoch einen Zusammenhang zwischen einer linken politischen<br />

Einstellung und Supranationalismus einerseits sowie zwischen <strong>der</strong> Unterstützung<br />

rechter Positionen und Nationalismus an<strong>der</strong>erseits zu geben. Daher<br />

nehmen wir an, dass die Konfliktlinie zwischen linken Supranationalisten, die<br />

den regulierten Kapitalismus befürworten, und den rechts und nationalstaatlich<br />

Orientierten verläuft, die das neoliberale Projekt unterstützen. <strong>Die</strong>se Konfliktlinie<br />

wird durch die gestrichelte Linie in Abbildung 2 markiert. Wie in jedem fö<strong>der</strong>alen<br />

politischen System mit heterogenen Gliedstaaten, kann sich <strong>der</strong> genaue<br />

Verlauf <strong>der</strong> Konfliktlinie von Ort zu Ort unterscheiden. Obwohl die abgebildete<br />

Konfliktlinie die vorherrschende Kombination <strong>der</strong> beiden Konfliktdimensionen<br />

ist, erfasst sie nicht alle Akteurgruppen. Wie später noch gezeigt wird, finden<br />

sich beispielsweise links orientierte Nationalisten in <strong>der</strong> Sozialdemokratischen<br />

Partei Dänemarks und rechts gerichtete Supranationalisten bei den deutschen<br />

Christdemokraten. 3<br />

<strong>Die</strong>se Art, politische Auseinan<strong>der</strong>setzungen in <strong>der</strong> EU zu erfassen, wird von<br />

denjenigen zurückgewiesen werden, die die europäische <strong>Integration</strong> vornehmlich<br />

als Angelegenheit nationaler Regierungen sehen. Unsere Sichtweise beruht<br />

auf zwei Prämissen: Erstens, neben den nationalen Regierungen wirken – wie<br />

wir an an<strong>der</strong>er Stelle ausführlich dargestellt haben – auch supranationale und<br />

subnationale Akteure an den EU-Entscheidungen mit; zweitens, die räumliche<br />

Unterglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Interessenvermittlung ist nur eine von mehreren möglichen<br />

in <strong>der</strong> EU, da die Interessen unterschiedlicher Gruppen eines Mitgliedslands<br />

nicht automatisch gleichgerichtet sind. Regionale (vor allem nationale)<br />

Identitäten bleiben zwar weiterhin wichtig, sind aber nicht die einzige Quelle<br />

individueller Präferenzen in Hinblick auf die EU-Institutionen und -politiken.<br />

Um die politischen Auseinan<strong>der</strong>setzungen in <strong>der</strong> EU angemessen zu verstehen,<br />

reicht es nicht, beispielsweise die Unterschiede zwischen Briten und Deutschen<br />

o<strong>der</strong> auch innerhalb dieser Län<strong>der</strong> zu untersuchen. Stattdessen bilden sich politische<br />

Koalitionen auch zwischen Gruppen, die bestimmte Ansichten teilen<br />

(beispielsweise hinsichtlich <strong>der</strong> Umweltpolitik o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rolle von Frauen) o<strong>der</strong><br />

die bestimmte wirtschaftliche Aufgaben o<strong>der</strong> sozioökonomische Charakteristiken<br />

gemeinsam haben (zum Beispiel Finanzmarkt-Anleger o<strong>der</strong> gewerkschaftlich<br />

organisierte Arbeiter). In dem Maß, wie sich diese politischen Koalitionen<br />

grenzüberschreitend entwickeln (das heißt, insofern sich Gruppen innerhalb<br />

3 <strong>Die</strong>ses Thema würde eine ausführliche empirische Analyse erfor<strong>der</strong>n, die in diesem Kapitel<br />

nicht geleistet werden kann. <strong>Die</strong> grundlegenden Hypothesen werden jedoch durch die Ergebnisse<br />

von Interviews mit mehr als 140 Beamten <strong>der</strong> Europäischen Kommission (Hooghe 1997)<br />

und durch an<strong>der</strong>e, weniger systematische Belege gestützt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!