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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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z e n t r a l b a n k u n a b H ä n g i g k e i t u n d k o o r d i n i e r t e lo H n a u S H a n d l u n g 393<br />

5 Politökonomische Implikationen<br />

<strong>Die</strong>se Befunde haben wichtige Implikationen für unser Verständnis <strong>der</strong> Funktionsweisen<br />

politischer <strong>Ökonomie</strong>n. Erstens bestätigt sich die Einsicht, dass die<br />

wirtschaftliche Leistungskraft in starkem Maße von <strong>der</strong> institutionellen Organisation<br />

politischer <strong>Ökonomie</strong>n abhängt. Ohne Bezugnahme auf die Verschiedenheit<br />

dieser Organisationsformen können Performanzmuster nicht verstanden<br />

werden.<br />

Zweitens verweisen die Befunde auf den Stellenwert effektiver wirtschaftlicher<br />

Koordination. In vielen neoklassischen Analysen wird angenommen, dass<br />

das Verhalten wirtschaftlicher Akteure vor allem durch den Marktmechanismus<br />

koordiniert wird und nicht marktliche Organisation die effektive Marktkoordination<br />

beeinträchtigen muss. Unsere Beschäftigung mit den Signaling-Mechanismen<br />

zwischen den Partnern in Lohn- und Preisverhandlungen und zwischen<br />

ihnen und Zentralbanken wi<strong>der</strong>sprechen dieser Annahme. Wir konnten zeigen,<br />

dass nicht marktliche Organisation in signifikanter Weise zur effektiven<br />

Koordination wirtschaftlichen Verhaltens und damit zu wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit<br />

beiträgt. Unsere Betrachtung legt nahe, dass Ansätze zur Analyse<br />

wirtschaftlicher Probleme, die das Vorhandensein hoch kompetitiver Märkte<br />

postulieren und von ihnen das Zustandekommen kooperativer Ergebnisse erwarten,<br />

empirisch auf bestenfalls schwachen Füßen stehen. Stattdessen sollte<br />

den unterschiedlichen institutionellen Konfigurationen zur Lösung von Koordinationsproblemen<br />

– und vor allem: den Interaktionseffekten innerhalb dieser<br />

Konfigurationen – mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden (siehe zum Beispiel<br />

Alvarez/Garrett/Lange 1991; Beck et al. 1993; Soskice 1991).<br />

Speziell bestreiten wir die verbreitete Behauptung, dass Län<strong>der</strong> durch Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken die Inflation ohne unerwünschte<br />

wirtschaftliche Nebenfolgen senken können. Wie wir zeigen, ist diese Behauptung<br />

allenfalls für Län<strong>der</strong> mit sehr koordinierten Arbeitsbeziehungen zutreffend.<br />

Wo Lohnfindungsprozesse aber weniger koordiniert erfolgen, senkt eine<br />

verstärkte Zentralbankunabhängigkeit die Inflationsrate nur unter Hinnahme<br />

eines signifikanten Anstiegs <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit. Zu dieser Erkenntnis hat uns<br />

eine Analyse des Signaling-Prozesses zwischen Zentralbank und wirtschaftlichen<br />

Akteuren geführt, die durch einen genaueren Blick auf den deutschen Fall und<br />

durch eine Analyse international vergleichen<strong>der</strong> Daten auf drei verschiedenen<br />

zeitlichen Aggregationsniveaus bestätigt wurde.<br />

Auch für Politiker haben diese Befunde ernstzunehmende Implikationen.<br />

Sie zeigen vor allem, dass eine Erhöhung <strong>der</strong> Zentralbankunabhängigkeit möglicherweise<br />

eben nicht das ökonomische Wun<strong>der</strong>mittel ist, für das es viele halten.<br />

Nur unter <strong>der</strong> Bedingung hoher Lohnkoordination wird das Versprechen einer

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