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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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z e n t r a l b a n k u n a b H ä n g i g k e i t u n d k o o r d i n i e r t e lo H n a u S H a n d l u n g 373<br />

Folgen dieser Reaktionen antizipieren. Unter diesen Bedingungen wird allein die<br />

Rationalität <strong>der</strong> Akteure diese zur Koordination in Richtung eines optimalen<br />

Gleichgewichts anleiten. <strong>Die</strong>ses Modell aber, so meinen wir, ist für viele <strong>der</strong><br />

empirischen Fälle, für die es Zuständigkeit reklamiert, ungeeignet. Denn es ist in<br />

zweierlei Hinsicht problematisch.<br />

Erstens geht das Modell von einer unrealistischen Informiertheit und Weitsicht<br />

<strong>der</strong> Akteure aus. Wie Barry Eichengreen in einem an<strong>der</strong>en Zusammenhang<br />

gezeigt hat, sind die Auswirkungen <strong>der</strong> Geldpolitik selbst unter Experten<br />

oft bemerkenswert umstritten (siehe Eichengreen/Ghironi 1997). Da zahlreiche<br />

Akteure an den Lohn- und Preisverhandlungen beteiligt sind, ist es höchst<br />

unwahrscheinlich, dass sie die multiplen Effekte <strong>der</strong> Geldpolitik mit Präzision<br />

vorausberechnen können – ganz zu schweigen von <strong>der</strong> Schwierigkeit, Verhalten<br />

vorausberechnen zu müssen, das wie<strong>der</strong>um auf Vorausberechnungen an<strong>der</strong>er<br />

Akteure beruht. 9 Zweitens vernachlässigt das Modell die Probleme kollektiven<br />

Handelns, die häufig gegeben sind, wenn das Verhalten einer hohen Anzahl<br />

von Akteuren koordiniert werden muss, die keine Gewissheit über das Verhalten<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en haben. Es ist bekannt, dass Lohnverhandlungen in beson<strong>der</strong>em<br />

Maß durch eben diese Probleme gekennzeichnet sind. 10 In Anbetracht <strong>der</strong><br />

Gegebenheiten in den meisten Industrielän<strong>der</strong>n erscheinen uns die Annahmen<br />

wesentlich realistischer, dass die Akteure zum einen mit Verhandlungsmacht<br />

ausgestattet sind und ihre Lohn- und Preissetzungen von erwarteten, an<strong>der</strong>swo<br />

erfolgenden Lohn- und Preissetzungen abhängig machen, und dass sie zum an<strong>der</strong>en<br />

lediglich unvollständige Informationen über die Effekte <strong>der</strong> Geldpolitik<br />

sowie über die Reaktionsweisen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Akteure haben. <strong>Die</strong> Koordination<br />

zur Herstellung eines pareto-optimalen Gleichgewichts wird deshalb mit einem<br />

beträchtlichen Problem kollektiven Handelns behaftet sein. Unter diesen Umständen<br />

muss davon ausgegangen werden, dass effektives signaling und effektive<br />

Koordination vor allem von <strong>der</strong> Verfügbarkeit adäquater Institutionen abhängen<br />

– jenen Institutionen, die im Fokus <strong>der</strong> »Neuen <strong>Politische</strong>n <strong>Ökonomie</strong>«<br />

stehen und sich dadurch auszeichnen, dass sie Akteure mit <strong>der</strong> Fähigkeit zu<br />

glaubhaften Festlegungen ausstatten, ein effektives Monitoring des Verhaltens<br />

an<strong>der</strong>er erlauben etc. (siehe zum Beispiel Milgrom/Roberts 1992; Alt/Shepsle<br />

9 Weil Preise von Löhnen abhängig sind, ist jede Lohnaushandlung definitionsgemäß gleichzeitig<br />

eine Aushandlung von Preisen und Profitraten. Wenn wir nachfolgend von Lohnaushandlung<br />

sprechen, meinen wir stets Lohn- einschließlich Preisaushandlung. Der Einfachheit halber werden<br />

wir nachfolgend nicht stets beide Termini aufführen. Aber es ist wichtig, stets in Erinnerung<br />

zu behalten, dass es um Zurückhaltung bei <strong>der</strong> Aushandlung von Löhnen und Preisen geht und<br />

dass die Koordination solcher Aushandlung sowohl von <strong>der</strong> Arbeitgeber- wie auch von <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmerseite ausgehen kann, wahrscheinlich sogar vor allem von ersterer.<br />

10 Ausführlich wird das Problem insbeson<strong>der</strong>e im zweiten Kapitel von Layard/Nickell/Jackman<br />

(1991) und bei Calmfors (1993) abgehandelt.

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