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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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d e r e g u l i e r t e St e u e r p o l i t i k 321<br />

von Steuereinnahmen, son<strong>der</strong>n schützt auch die Einnahmen <strong>der</strong> persönlichen<br />

Einkommensteuer. <strong>Die</strong>se Schutz- o<strong>der</strong> Back­stop-Funktion wird durch den Steuerwettbewerb<br />

unterminiert. Der Wettbewerb um niedrige Körperschaftsteuersätze<br />

beschränkt deshalb nicht nur die nationalen Freiheitsgrade in <strong>der</strong> Unternehmensbesteuerung,<br />

son<strong>der</strong>n indirekt auch in <strong>der</strong> Einkommensbesteuerung.<br />

<strong>Die</strong>s wird in <strong>der</strong> akademischen und politischen Debatte bisher fast vollständig<br />

ausgeblendet.<br />

<strong>Die</strong> Schutzfunktion <strong>der</strong> Körperschaftsteuer ergibt sich aus ihrer engen Verknüpfung<br />

mit <strong>der</strong> persönlichen Einkommensteuer. Beide Steuerarten greifen<br />

auf dasselbe Steuersubstrat zu: Einkommen. Der Unterschied besteht lediglich<br />

in <strong>der</strong> Rechtsform des Einkommensempfängers. Körperschaftsteuern erfassen<br />

das Gewinneinkommen von Kapitalgesellschaften, persönliche Einkommensteuern<br />

das Einkommen von natürlichen Personen und Einzelunternehmen.<br />

Ohne Körperschaftsteuer täte sich im Steuersystem ein bedeutendes Schlupfloch<br />

auf, weil einkommensteuerpflichtige Personen ihre Steuerlast dann nämlich<br />

einfach dadurch verringern könnten, dass sie Teile ihres Einkommens in eine<br />

Gesellschaft einbringen. <strong>Die</strong> Körperschaftsteuer schließt dieses Schlupfloch<br />

und beugt dadurch einer Erosion <strong>der</strong> Einkommensteuerbasis vor. Darin besteht<br />

ihre Schutzfunktion (Devereux/Sørensen 2006: 21). <strong>Die</strong>se Funktion erfüllt die<br />

Körperschaftsteuer am besten, wenn ihr Tarif mit dem Spitzensteuersatz <strong>der</strong><br />

persönlichen Einkommensteuer übereinstimmt. Viele OECD-Staaten waren<br />

deshalb in <strong>der</strong> Vergangenheit bemüht, die Lücke zwischen Einkommen- und<br />

Körperschaftsteuersätze zu verringern o<strong>der</strong> ganz zu schließen – nicht vollkommen<br />

ohne Erfolg. Wie Ganghof (2006: Kapitel 1) mithilfe von Zeitreihendaten<br />

für ein Sample von 21 OECD-Staaten belegt, gelang es zwischen 1975 und<br />

1989, die durchschnittliche Differenz zwischen den Steuersätzen um fast die<br />

Hälfte von circa 20 auf circa 10 Prozentpunkte zu verringern.<br />

Der Druck, den <strong>der</strong> Steuerwettbewerb auf den Körperschaftsteuersatz ausübt,<br />

stellt das Bemühen um einen Steuersatzverbund mit <strong>der</strong> Einkommensteuer<br />

infrage. Er stellt die Regierungen vor die unangenehme Wahl, entwe<strong>der</strong> den<br />

Einkommensteuerspitzensatz im Gleichschritt mit dem Körperschaftsteuersatz<br />

zu senken, um den <strong>Integration</strong>sverbund zwischen beiden Steuerarten zu verteidigen<br />

(Abwärtseffekt) o<strong>der</strong> aber, wenn sie an einem hohen Einkommensteuerspitzensatz<br />

festhalten wollten, eine zunehmende Spreizung zwischen Körperschaft-<br />

und Einkommensteuerspitzensätzen und die dadurch ausgelöste Steuerarbitrage<br />

zwischen persönlicher und körperschaftlicher Rechtsform hinzunehmen (Steuerspreizungseffekt).<br />

So o<strong>der</strong> so unterminiert <strong>der</strong> Steuerwettbewerb die Progressivität<br />

und Aufkommensstärke <strong>der</strong> Einkommensteuer.<br />

In einer an<strong>der</strong>en Studie (Ganghof/Genschel 2008: 67–68) haben wir mit<br />

einer einfachen Regressionsanalyse untersucht, wie die Regierungen <strong>der</strong> EU-

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