07.01.2013 Aufrufe

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

d i e en t S t e H u n g e i n e S p o l i t i S c H e n ge M e i n w e S e n S 183<br />

onen <strong>der</strong> Arbeiterklasse (insbeson<strong>der</strong>e eine dauerhafte Regierungsbeteiligung<br />

sozialdemokratischer Parteien), schlagkräftige wirtschaftliche Organisationen <strong>der</strong><br />

Arbeiterklasse (vor allem gut organisierte und zentralisierte Gewerkschaftsverbände)<br />

sowie einheitliche Arbeitgeberorganisationen (Cameron 1984; Esping-<br />

An<strong>der</strong>sen 1990; Marks 1986; Schmitter 1981). We<strong>der</strong> sind diese Voraussetzungen<br />

heute in <strong>der</strong> EU erfüllt, noch ist es sehr wahrscheinlich, dass dies in Zukunft<br />

<strong>der</strong> Fall sein wird. Das Entscheidungszentrum <strong>der</strong> EU ist fragmentiert; die Sozialdemokraten<br />

sind nur schwach im Ministerrat repräsentiert; we<strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

noch Arbeitgeber sind auf europäischer Ebene zentralisiert. Allerdings<br />

streben die Befürworter des regulierten Kapitalismus gar nicht an, den nationalen<br />

Wohlfahrtsstaat o<strong>der</strong> die industriellen Beziehungen auf europäischer Ebene<br />

zu replizieren. Stattdessen for<strong>der</strong>n sie politisch und institutionell realistische<br />

Reformen.<br />

Einstimmigkeit<br />

Es ist wichtig zu erkennen, dass sich das institutionelle Terrain nicht nur nachteilig<br />

für die Befürworter des regulierten Kapitalismus auswirkt. <strong>Die</strong> Einstimmigkeitsregel,<br />

mit <strong>der</strong> im Ministerrat institutionelle Weichenstellungen und wichtige<br />

Politiken entschieden werden, ist ein zweischneidiges Schwert. Bereits oben haben<br />

wir festgestellt, dass das Einstimmigkeitserfor<strong>der</strong>nis eine äußerst hohe Hürde<br />

für Verän<strong>der</strong>ungen darstellt – da die Zustimmung jedes einzelnen Teilnehmers<br />

gewonnen werden muss. Doch indem es die Einigung erschwert, bereitet<br />

das Konsensprinzips den Weg für Paketlösungen, die je<strong>der</strong> Regierung Vorteile<br />

versprechen. <strong>Die</strong> Neoliberalen mussten im Tausch gegen die Zustimmung aller<br />

Regierungen zur Liberalisierung Reformen akzeptieren, die positive Regulierung<br />

und Umverteilung beinhalteten. Ein Ergebnis dieses politischen Tausches ist die<br />

Kohäsionspolitik, ein zentraler Baustein des regulierten Kapitalismus (Hooghe<br />

1996a; Marks 1993, 1996).<br />

Zudem verliert das Einstimmigkeitserfor<strong>der</strong>nis an Wirkung, wenn Akteure,<br />

<strong>der</strong>en Ziele blockiert werden, über glaubwürdige Handlungsalternativen verfügen.<br />

Auch in diesem Fall ist die Bedeutung <strong>der</strong> Einstimmigkeit geringer als man<br />

erwarten würde. Einzelne Regierungen können Klauseln aushandeln, mit denen<br />

bestimmte Län<strong>der</strong> von sonst allgemein verbindlichen Regeln ausgenommen<br />

werden. Neoliberale finden ein solches Vorgehen vorteilhaft, weil damit <strong>der</strong> Regimewettbewerb<br />

zwischen teilnehmenden und nicht teilnehmenden Staaten institutionalisiert<br />

wird. Das Nebeneinan<strong>der</strong> verschiedener Regeln in unterschiedlichen<br />

Teilen <strong>der</strong> EU (im Euro-Jargon »variable Geometrie« genannt) verringert<br />

die Bereitschaft irgendeiner Untergruppe von EU-Staaten, striktere Auflagen<br />

für das Kapital zu vereinbaren, weil die beteiligten Län<strong>der</strong> fürchten müssen,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!