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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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394 p e t e r a. Ha l l u n d ro b e r t j. fr a n z e S e , jr .<br />

verbesserten Gesamtperformanz tatsächlich eingehalten. 41 Allerdings operiert<br />

effektive Lohnkoordination außerhalb des direkten politischen Zugriffs und ist<br />

nur mit großen Schwierigkeiten herzustellen – an<strong>der</strong>s als die Zentralbankunabhängigkeit,<br />

die vergleichsweise leicht politisch angeordnet werden kann. <strong>Die</strong> Fähigkeit<br />

zur Lohnkoordination beruht auf einer Vielzahl gesellschaftlicher Organisationen,<br />

vor allem Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, die in einem<br />

langen historischen Prozess gewachsen sind (siehe Levy 1993; Regini 1984). Vielen<br />

Regierungen, die die Unabhängigkeit ihrer Zentralbanken erhöhen, dürften<br />

die Ergebnisse unserer Analyse mithin enttäuschend vorkommen.<br />

6 <strong>Die</strong> Implikationen für die Europäische Wirtschafts-<br />

und Währungsunion<br />

Beson<strong>der</strong>s interessante Implikationen haben unsere Befunde für die im Entstehen<br />

begriffene Währungsunion. Im Zentrum <strong>der</strong> EWU steht eine Europäische<br />

Zentralbank, für <strong>der</strong>en Struktur und Unabhängigkeit die Deutsche Bundesbank<br />

Pate stand. Viele hoffen, dass die Währungsunion den historischen Erfolg des<br />

deutschen Systems reproduzieren wird.<br />

Unsere Analyse legt nahe, dass sich diese Hoffnungen wahrscheinlich nicht<br />

erfüllen werden. Das deutsche System beruht auf einem Grad <strong>der</strong> Lohnkoordination,<br />

den die EU wahrscheinlich niemals erreichen wird. Einerseits muss sich<br />

erst noch zeigen, ob die EU-Führung solche Institutionen tatsächlich entwickeln<br />

möchte; die bisherigen Schritte in Richtung einer Sozialcharta haben sich als zögerlich<br />

erwiesen (siehe Lange 1993; Leibfried/Pierson 1995; Streeck/Schmitter<br />

1991; Streeck 1995). An<strong>der</strong>erseits, selbst wenn ernsthafter Wille zur Entwicklung<br />

solcher Institutionen vorläge, wäre sie nur schwer zu bewerkstelligen. Da<br />

die EU von unterschiedlichsten Formen <strong>der</strong> Organisation von Arbeitgeber- und<br />

Arbeitnehmerinteressen geprägt ist, würde eine EU-weite Lohnkoordination<br />

einen immensen institutionellen Restrukturierungsprozess voraussetzen. <strong>Die</strong><br />

wenigen Versuche nationaler Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, zu<br />

<strong>europäischen</strong> Arbeitsbeziehungen zu gelangen, waren bemerkenswert wenig<br />

erfolgreich (siehe Streeck/Schmitter 1991; George 1992). Daraus folgt, dass<br />

die Europäische Zentralbank zur Sicherstellung von Preisniveaustabilität möglicherweise<br />

hohe Arbeitslosenquoten in Kauf nehmen muss. Auf einen effektiven<br />

Signaling-Prozess, ermöglicht durch EU-weite Lohnkoordination, wird sie<br />

sicher nicht zurückgreifen können.<br />

41 Umgekehrt legen unsere Argumente und Ergebnisse auch nahe, dass Lohnkoordination besser<br />

funktioniert, wenn sie im Kontext einer unabhängigen Zentralbank stattfindet.

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