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Die Politische Ökonomie der europäischen Integration - MPIfG

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116 S u S a n n e k. Sc H M i d t<br />

weitergehende nationale Politikverän<strong>der</strong>ungen durchzusetzen. Thatcher (2007)<br />

nennt hier die Kopplung nationaler Liberalisierung o<strong>der</strong> Privatisierung an die<br />

Genehmigung von Beihilfen in <strong>der</strong> italienischen Telekommunikationspolitik,<br />

die Genehmigung internationaler Fusionen <strong>der</strong> Elektrizitätsversorger sowie die<br />

Luftverkehrsliberalisierung (Thatcher 2007: 193, 216, 231). Inwieweit im Sinne<br />

von »teile und herrsche« diese nationalen Verän<strong>der</strong>ungen eine Basis für die Unterstützung<br />

von Vorschlägen im Ministerrat waren, müsste jeweils nachgezeichnet<br />

werden.<br />

3.4 Verhandlungen im Schatten des Richterrechts:<br />

<strong>Die</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie<br />

<strong>Die</strong> zwei diskutierten Strategien zeigen, wie die Kommission ihre exekutiven<br />

Kompetenzen und ihren Zugang zum Gerichtshof dazu nutzen kann, durch die<br />

Androhung judikativer Politik legislative Politik zu erleichtern. Das wird nicht<br />

generell <strong>der</strong> Fall sein. Aber auch über das strategische Handeln <strong>der</strong> Kommission<br />

hinaus spielt die Rechtsprechung des EuGH für die legislative Politik in <strong>der</strong> EU<br />

eine größere Rolle, als dies meistens wahrgenommen wird. In den Politikfel<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> EU, die nicht rein intergouvernemental gestaltet werden, sind Verhandlungen<br />

immer eingebettet in einen supranationalen Kontext, <strong>der</strong> auch die Rückfallposition<br />

<strong>der</strong> Mitgliedstaaten beeinflusst. Das soll nun exemplarisch am Beispiel<br />

<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungsrichtlinie dargelegt werden.<br />

Für das Sekundärrecht im großen Bereich des Binnenmarktes sind die vier<br />

Freiheiten des Vertrages grundlegend. <strong>Die</strong> Diskussion über die Verän<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Warenverkehrsfreiheit ist hierauf bereits eingegangen. Während vor den<br />

Urteilen Dassonville und Cassis de Dijon die Mitgliedstaaten zunächst durch<br />

Sekundärrecht (Harmonisierung) die Grundlagen schaffen mussten, bevor ein<br />

Wirtschaftsbereich in den Binnenmarkt überführt werden konnte, stellte sich die<br />

Situation nach dieser neuen Rechtsprechung völlig an<strong>der</strong>s dar. Seitdem gilt zunächst<br />

die Vermutung, dass die Mitgliedstaaten ihre unterschiedlich regulierten<br />

Produkte gegenseitig anerkennen. Der Binnenmarkt existiert also bereits, weil<br />

eine zugrunde liegende einheitliche Regulierung nicht mehr verlangt werden<br />

kann. Allerdings wird den Mitgliedstaaten zugestanden, in begründeten Fällen<br />

Ausnahmen vom Prinzip <strong>der</strong> gegenseitigen Anerkennung zu reklamieren und<br />

EU-ausländischen Anbietern die Regeln des Tätigkeitslandes aufzuerlegen.<br />

Indem <strong>der</strong> Vertrag – beziehungsweise die Interpretation des EuGH – Ausnahmen<br />

für hohe nationale Regulierungen vorsieht, besteht die Gefahr einer<br />

fortdauernden Marktfragmentierung, <strong>der</strong> dann durch die Annahme einer Richtlinie<br />

im Ministerrat begegnet werden soll (Scharpf 1998: 134; Genschel 2000).<br />

Räumen die Kommission und <strong>der</strong> Gerichtshof einigen Mitgliedstaaten das Recht

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