Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer

1.6 Mystik der Neuzeit
Der Beginn der Neuzeit ist durch die Renaissance und Reformation gekennzeichnet. Beide bedingen
einander. Durch die Reformation wurde die Macht der Kirche deutlich und nachhaltig
geschwächt. Gleichzeitig damit ging auch die scholastische Philosophie zurück. Die Protestanten
– sehr wohl dem Evangelium treu – hatten aber keine hierarchische Macht, bedingt durch
das Fehlen eines zentralen Oberhauptes. Naturwissenschaftliche Tendenzen wurden sowohl
von der katholischen Kirche als auch von der evangelischen Kirche verurteilt. Allerdings durch
die geringe Macht; von der evangelischen Kirche weniger. Ein Ostpriester konnte gegen Isaac
Newton und Galileo nichts ausrichten. Dies mag durchaus der Grund sein, warum sich in evangelischen
Gebieten die Naturwissenschaften etwas schneller durchsetzen konnten. Gleichzeitig
mit der Renaissance setzte auch die Gegenreformation ein. Diese wurde in Spanien von Ignatius
von Loyola mit der Gründung des Jesuitenordnens eingeleitet. Ebenso und zur gleichen
Zeit waren in Spanien die großen Mystiker der Frühneuzeit wie Teresa von Ávila und Johannes
von Kreuz. Etwas später in der Neuzeit Edith Stein, Madeleine Delbrêl und Simone Weil. Drei
Frauen, die das spirituelle Leben der Neuzeit wesentlich beeinflusst haben. Delbrêl hat im Umgang
mit den Atheisten einen völlig neuen Weg gezeigt, der heißt „nicht ausgrenzen und verdammen,
sondern hineingehen“. Edith Stein hat auf Basis der Phänomenologie der christlichen
Theologie eine neue Richtung gezeigt.
Für die evangelische Kirche war in der Neuzeit Dietrich Bonhoeffer richtungsweisend. Er hat die
eigentlich nicht abgeschaffte Beichte wieder eingeführt und die Meditation in der evangelischen
Kirche als mögliche Kontemplationsform eingeführt.
Das Ende der Neuzeit, etwa mit Beginn der Gründung der UNO und der Verabschiedung der
Menschenrechtscharta, war es Dag Hammarskjöld, der einer der letzten Mystiker der Neuzeit
war.
Spirituelle Theologie
© Manfred Litzlbauer