Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Reflexion für die Gesellschaft:<br />
Die hinduistische Gesellschaft ist wegen seines Kastensystems etwas Sonderbares; aber auch<br />
wieder nicht, wenn wir an die europäische, mittelalterliche Standesgesellschaft denken. Hier<br />
gab es sogar Leibeigene. Trotzdem kam es zur Zeit der Kolonialisierung zu erheblichen Unverständnissen<br />
seitens des Westens. Ein anderer Aspekt der hinduistischen Gesellschaft ist deren<br />
religiöse Pluralität. Viele Götter werden akzeptiert, viele spirituelle Praktiken sind im Umlauf.<br />
Auch wenn es aus christlicher Sicht nicht sehr wünschenswert ist, haben doch viele hinduistische<br />
Praktiken in Europa und Amerika Einzug gehalten. Vor allem in esoterischen Kreisen wurden<br />
gerne hinduistische Traditionen fragmentweise übernommen. Heutige westliche, konsumorientierte<br />
Menschen, wünschen sich vielfach Spiritualität, die sie in der angestammten Tradition<br />
nicht finden oder vielleicht nicht gewillt sind zu suchen. Yoga und Tantra haben etwas<br />
Geheimnisvolles an sich, meist durch Gurus verbreitet auch etwas Elitäres. Richtig ist, dass<br />
hinduistische Spiritualität zu einem bewussteren und gesünderen Lebenswandel führt. Allen<br />
hinduistischen Traditionen sind Bewusstseinsentwicklung und körperliche Enthaltsamkeit anhaftend.<br />
Gerade Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Übergewicht, Burn-out usw. könnten<br />
mit diesen Praktiken kostengünstig gelindert oder eliminiert werden. Leider ist sehr häufig<br />
bei vielen Menschen ein Strohfeuer zu bemerken. Eine erste Begeisterung für hinduistische<br />
Praktiken führt zu mühseligen täglichen Übungen und letztendlich wiederum ein Loslassen<br />
davon, bevor sie richtige Wirkung zeigen.<br />
Reflexion für das Unternehmen:<br />
Fast alle kapitalistisch organisierten Unternehmen führen nach hierarchischen Grundsätzen.<br />
Selbstverständlich distanziert man sich von einer Art Kastenhierarchie, trotzdem gibt es in<br />
jedem Unternehmen verschiedene Ebenen. Solange diese auch aus ihrer funktionalen Notwendigkeit<br />
bestehen, ist das sinnvoll und notwendig. Es gibt kaum bessere Organisationsformen.<br />
Wenn sich daraus aber Cliquen bilden, die sich anderen gegenüber mächtiger und höher gestellt<br />
sehen, sind kulturelle Probleme vorprogrammiert. Wahrscheinlich werden Unternehmen<br />
weiterhin hierarchisch -- allerdings mit der Tendenz zum Liberalismus - geführt. Sollte es zu<br />
Gruppenbildungen wie oben beschrieben kommen, entstehen ähnliche Probleme wie bei der<br />
Kastengesellschaft, allerdings auf Mikroebene.<br />
Viele Unternehmen bieten im Rahmen ihrer Aus- und Weiterbildungsprogramme hinduistische<br />
Praktiken an. Vor allem sind es Yogakurse, die entweder während der Arbeitszeit oder zumindest<br />
in der Freizeit zur Verfügung stehen. Allerdings im Gegensatz zum ursprünglichen Yoga<br />
wird in Europa meist nur die körperliche Komponente geübt. Das Bewusstseinstraining, die<br />
Fokussierung von Gedanken und die Beherrschung von mentalen Zuständen werden kaum<br />
geübt. Genau das wäre allerdings in Zeiten des Burn-outs wichtig. Zur körperlichen Ertüchtigung<br />
gibt es genug Möglichkeiten im Freizeitbereich. Unternehmen müssen sich vielmehr dem<br />
Bewusstseinstraining der Mitarbeiter widmen.<br />
Persönliche Reflexion:<br />
Der Hinduismus als eine Religion, könnte Modell für einen globalen religiösen Pluralismus sein.<br />
Über Jahrtausende hinweg ist es in Indien gelungen, selbst fremdartige Einflüsse (Islam –<br />
christlich) so zu assimilieren, dass der Hinduismus weitgehend unbeschadet davon blieb. Diese<br />
Toleranz anderen Traditionen gegenüber würde ich für mein weiters spirituelles Leben mitnehmen.<br />
Es ist sicher nicht sinnvoll, sich einer Tradition, zum Beispiel dem Hinduismus zu verschreiben<br />
und damit wieder eine exklusive Position einzunehmen. Ähnlich wie beim frühen<br />
Christentum spielt auch beim Hinduismus die Askese eine große Rolle. Auch das ist Thema<br />
meiner weiteren persönlichen Entwicklung. Das stärkste Element aus dem Hinduismus ist der<br />
Umgang mit dem Bewusstsein, welches bei uns Mentaltraining heißt. Meine bisherigen Erfahrungen<br />
mit Meditation und Konzentrationsübungen sind damit bestärkt und ich werde diese in<br />
meiner weiteren Entwicklung intensivieren.<br />
Spirituelle Theologie<br />
© <strong>Manfred</strong> <strong>Litzlbauer</strong>