Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer

1.6.3 Neuzeit im Vergleich
Das Mittelalter war geprägt durch einen sehr hohen Ordnungssinn. Dieser wurde durch den
Willen Gottes bestimmt und die Kirche war deren Hüter. Das damalige Leben war vollkommen
geregelt. Mit dem Beginn der Neuzeit begann auch die Individualisierung. Die Menschen erkannten,
dass nicht mehr alles gottgegeben ist, sondern nahmen das Leben selber in die Hand
und es entwickelte sich eine Eigenverantwortlichkeit, soziale Schichten wurden durchsichtig.
Der Status war nicht mehr ausschließlich durch die Geburt vorherbestimmt. Auch das diesseitige
Leben bekam einen Wert. Man wollte sich selber mit spirituellen und religiösen Themen
auseinandersetzen. Einen wichtigen Beitrag dazu leisteten die Naturwissenschaften. Entgegen
der Scholastik, in der versucht wurde, die Bibel philosophisch zu erklären, wurden Phänomene
empirisch überprüft. Auch wenn sie der Bibel widersprachen. Schmerzhaft verspürte das Galileo
Galilei, obwohl seine Theorie eigentlich von jedermann überprüfbar war. Die Erkenntnis,
dass die Welt nicht das Zentrum ist (Kepler-Galileo) und dass der Mensch nicht die Krone der
Schöpfung ist (Davon), veränderte die Bedeutung der Religion. Die Reformation und Gegenreformation
mündete im 30-jährigen Krieg. Es war dies der Versuch, unterschiedliche Meinungen
militärisch zu lösen. Was völlig scheiterte. Dieser 30jährige Krieg wurde von großen Denkern
und Philosophen beobachtet, die sich im Laufe dieser Zeit immer mehr mit gesellschaftlichen
Konstruktionen beschäftigten. Neben den Naturwissenschaften war es die Malerei und die Musik,
die diese Zeit auch spirituell prägten. Mit dem Aufkommen der Romantik wurde das Ego
immer bedeutsamer und es war wichtig, dass es MIR gut geht. Leider führte diese Strömung
auch zu ausgeprägtem nationalstaatlichen Denken. Was in letzter Konsequenz wieder zum
Desaster des 2. Weltkrieges führte. Die Kolonialisierung brachte neben den Rohstoffen auch
Gedankengut nach Europa. Und umgekehrt führte dies zur massiven Christianisierung in den
Kolonialländern. Gegen Ende der Neuzeit sind bereits Strömungen der Säkularisierung zu spüren.
Spirituelle Theologie
© Manfred Litzlbauer