Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer

9.7 Säkularisierung
Der Begriff Säkularisierung wird häufig als Trennung von Kirche und Staat herangezogen. Dies
muss hier allerdings erweitert werden. Säkularisierung ist auch der Niedergang von religiösen
Überzeugungen und Verhaltensnormen und Säkularisierung ist auch die Verdrängung des Religiösen
im zivilen Lebensbereich. Letztendlich münden die Säkularisierungsbestrebungen in der
Individualisierung der Religion. Diese ist völkerrechtlich als Religionsfreiheit niedergeschrieben
und wurde auch im 2. Vaticanum bestätigt.
Dort wo Staat und Religion eng verzahnt sind, ist diese sowohl in der Exekutive als auch in der
Gesetzgebung verankert. Siehe islamische Staaten. Etwas mehr säkularisierte Gesellschaften
haben die Religiosität von staatlichen Organisationen bereits ausgeschlossen und in die politische
Gesellschaft verdrängt. Am Beispiel der US-Amerikanischen Gesellschaft werden dort sehr
wohl religiöse Themen behandelt. Selbst der Präsident bezieht sich immer wieder auf Gott.
Eine noch weitere Säkularisierung verdrängt nun die Religion in die zivile Gesellschaft. Wir
sprechen dann nur mehr von einer öffentlichen Moral. Religionsgemeinschaften bieten Heilsversprechen
und stehen mit anderen Religionen diesbezüglich im Wettbewerb.
Letztendlich mündet die gesamte Säkularisierung in eine Individualisierung, wobei es jedem
Menschen obliegt, seine persönliche religiöse Praxis zu üben oder nicht. Das ist das westeuropäische
Modell.
Der Weg vom Religionsstaat zum völlig Säkularisierten begann in Europa mit der Aufklärung.
Ob es einen umgekehrten Weg von der individuellen Praxis zur Staatsreligion geben wird, wird
sich zeigen.
Spirituelle Theologie
© Manfred Litzlbauer