Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
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eine neue soziale Form, nämlich die des Klosterlebens ein. Getrieben von der Nachfolge Christi<br />
suchten viele in der Wüste über die äußerliche Stille zur innerleichen Ruhe. Möglicherweise<br />
werden derartige Strömungen in einer heutigen sehr lauten Welt wieder opportun. Derzeit ist<br />
dieses Marktsegment zumindest in der westlichen Welt durch esoterische Angebote abgedeckt.<br />
Echte Spiritualität muss man auch in etablierten Religionsgemeinschaften suchen. Die orthodoxe<br />
Spiritualität /Liturgie war bei deren Entstehung bestrebt alle Sinne der Menschen anzusprechen.<br />
Die Messe hatte in früherer Zeit sehr hohen Erlebnischarakter. In der heutigen Welt,<br />
wo ohnehin alles multimedial ist, wird eine orthodoxe Messe dieser ähnlich gestellt. Daher<br />
meinen viele Leute, es handelt sich ebenfalls um ein Medienspektakel.<br />
Reflexion für das Unternehmen:<br />
Der wirtschaftliche und technische Erfolg unserer Gesellschaft ist mit größter Wahrscheinlichkeit<br />
auf die Spezialisierung und Funktionalisierung zurückzuführen. Man hat bereits in der 60er<br />
Jahren die Problematik der Fließbandarbeit erkannt, was letztendlich zu einer Humansierung<br />
der Arbeitsplätze geführt hat. In der heutigen postmodernen Zeit, taucht das Problem der Einsamkeit<br />
verstärkt auf. Viele Menschen führen eine Arbeit im Spezialistentum und können diese<br />
kaum kommunizieren. Pachomius als Gründer der Koinobitenklöster, hat die Problematik der<br />
Einsamkeit ebenso erkannt und reagierte dementsprechend mit dem Aufbau neuer religiöser<br />
Lebensformen. Er hat dazu spezielle Räumlichkeiten und Regeln für das Zusammenleben geschaffen.<br />
Wahrscheinlich stehen wir heute wieder vor einer ähnlichen Herausforderung, insofern<br />
als in Westeuropa bereits mehr als 50% der Ehen geschieden werden und die Menschen<br />
immer längere Zeit in den Firmen arbeiten müssen. Möglicherweise findet die lange Tradition<br />
der Familie ein Ende (wird von kirchlicher Seite möglichst abgewendet, kann aber nicht verhindert<br />
werden). Eventuell übernehmen Firmen derartige familiäre Aufgaben. Am Beispiel der<br />
Firma Google kann gezeigt werden, dass dort am Firmengelände Kindergärten, Schulen, Erwachsenenbildungseinrichtungen<br />
und vieles mehr im Unternehmen integriert sind. Es fehlt<br />
wahrscheinlich die Möglichkeit, ein spirituelles Leben in diesem Kontext zu führen. Sehr bekannt<br />
ist, dass es an der Börse in der Wall Street einen multikonfessionellen Gebetsraum gibt.<br />
Das monastische Leben ist immer mit Arbeit verbunden. Dies hat verschiedene Gründe, u.a.<br />
soll es Ablenkung von schlechten Gedanken bringen und zu Demut führen. Vor allem sollte aus<br />
Arbeit kein Geschäft gemacht werden. Der Sinn der Arbeit lag also im Sinn. Dies wird von vielen<br />
Menschen heute vermisst. Sie gehen der Arbeit nur mehr deshalb nach, weil sie den Lohn<br />
entweder unbedingt brauchen oder aus Gier um möglichst viel Geld anzuhäufen. Erstaunlicherweise<br />
kann man bei Bewerbungen von jungen, fähigen Mitarbeitern feststellen, dass Geld<br />
eine geringere Bedeutung hat, als der Sinn für die Arbeit und die persönliche Entwicklung.<br />
Persönliche Reflexion:<br />
Wir haben in der ersten Jänner Woche 2011 spirituelle Tage in Niederalteich verbracht. Eine<br />
Woche lang orthodoxe Theologie und Spiritualität. Mein erster Eindruck von der Kirche war<br />
ernüchternd. Als ich schon drinnen war, habe ich mich immer wieder gefragt, wo denn da die<br />
Kirche sei. Im Laufe der Woche ist mir dieses Umfeld sehr vertraut geworden und ich habe<br />
keine einzige Messe versäumt. Sicherlich war es in den ersten Tagen schwierig stundenlang zu<br />
stehen. Am Tag der Epiphanie galt es drei mal drei Stunden zu stehen, was ich gut überstanden<br />
habe. Für die Mitfeier habe ich mich vorbereitet und jeweils ein persönliches Thema aus<br />
meinem Leben mitgenommen. Vor allem waren es Probleme aus der Vergangenheit in der<br />
Beziehung zu anderen Menschen. Ich nutzte die Möglichkeit dort um Verzeihung zu bitten. Die<br />
orthodoxe Messe ist gut für eine „Innenschau“ geeignet. Es entsteht eine Art Trance, diese<br />
wird verstärkt, weil man die hymnologischen Texte ohnehin nicht versteht. Beeindruckend<br />
waren die Ikonen, insofern als diese Darstellung gerade in der heutigen Computerwelt wieder<br />
auftauchen und da auch die gleiche Funktion haben. Sie sind Abbilder einer unbekannten Wirklichkeit.<br />
Auch Computersymbole sind Abbilder von meist unbekannten Programmen, man sieht<br />
nur durch diese Fenster hinein.<br />
In einer Überflussgesellschaft, in der es uns an absolut nichts mangelt, ist das damalige Leben<br />
der Wüstenväter nahezu undenkbar. Eine Askese, wie diese damaligen „Heiligen“ ist jetzt nicht<br />
denkbar. Aber eine leichtere Form der Enthaltung die zwar auch schon mit Entbehrungen verbunden<br />
ist, wäre möglich. Insbesondere würden wir nicht zu Grunde gehen, wenn wir viel weniger<br />
essen und weniger medial konsumieren. Beides erfordert Disziplin und das ist es, was<br />
man von den Wüstenväter und Wüstenmütter in größtem Ausmaß lernen könnten.<br />
Spirituelle Theologie<br />
© <strong>Manfred</strong> <strong>Litzlbauer</strong>