Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
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Hinduismus II Zusammenfassung und Reflexion<br />
Zusammenfassung:<br />
Wie bereits festgestellt, lässt sich der Begriff Hinduismus weder auf eine Buchreligion noch auf<br />
eine Gründerpersönlichkeit zurückführen. Vielmehr hat sich dieser Begriff erst im Laufe der<br />
Kolonialzeit entwickelt. Die Engländer sind nach Indien gekommen und haben eine Vielfalt<br />
religiöser, nicht überschaubarer und zum Teil widersprechender Traditionen vorgefunden. Dafür<br />
wurde dann der Begriff Hinduismus eingeführt. Das hat nicht nur für die westliche Welt<br />
Bedeutung gehabt, sondern hat auch zu einem neuen Selbstverständnis in Indien für Spiritualität<br />
und Religiosität geführt.<br />
Geprägt ist die gesamte hinduistische Tradition vom Veda. Im Laufe der Jahrtausende haben<br />
sich verschiedenste philosophische Schulen etabliert. Die sechs orthodoxen Strömungen bauen<br />
auf dem Veda auf bzw. erkennen diesen als Grundlage an. Die heterodoxen Schulen hingegen<br />
machten einen Bruch mit dem Veda und führten letztendlich zu einer Abspaltung Richtung<br />
Buddhismus und Jainismus. Insbesondere im 12. Jh. kam es wiederum zu einer drastischen<br />
Wende im spirituellen Verständnis. Adi Shankara hat den Veda neu interpretiert und es kam<br />
zur non-dualen Sichtweise - dem Advaita Vedanta. Dies war ein ziemlich scharfer Umbruch, bei<br />
dem sich das Gottesbild massiv veränderte. Die frühere Zeit war geprägt vom vedischen Pantheon<br />
mit den vielen funktionalen Göttern und von der Bhagavad Gita mit den Beziehungsgöttern.<br />
Der Vedanta stellt das Absolute - bezeichnet als Brahman - als einzige universelle Wahrheit<br />
dar. Es handelt sich dabei um eine nicht personifizierte eigenschaftslose Gottheit (Nirguna).<br />
Auf dieser Basis wird das gesamte Universum als non-duale Einheit gesehen. Sowohl die<br />
objektive als auch die subjektive Welt sind eins und alles ist voneinander abhängig. Die Welt,<br />
wie wir sie im Alltag erleben, wird als Illusion (Maya) bezeichnet. Das alles sind Formen, die<br />
sich laufend verändern und nahezu bis ins unendliche vervielfältigen. Besonderes Merkmal der<br />
Formen ist deren Rückführung auf eine einzige Wahrheit. Beispielsweise wird immer wieder der<br />
Silberarmreif oder ein Tonkrug herangezogen, die sich auf Silber und Ton zurückführen lassen.<br />
Die Eigenschaft des Armreifens ist bereits im Silber angelegt. Man kann diesen Weg zurückverfolgen<br />
bis auf atomare Ebene und noch weiter. Am Ende dieser Überlegungen bleibt aus der<br />
objektiven Sichtweise nur mehr das „Sein“ übrig und aus der subjektiven Welt nur mehr das<br />
Bewusstsein. Sein und Bewusstsein wiederum sind im Brahman vereint. Die spirituelle Aufgabe<br />
des Menschen ist es demzufolge, sein innerstes Sein (Atman) zu erkennen. Dies gelingt über<br />
Erkenntnis und vor allem durch intensives lange andauerndes Üben in Meditation. Sowohl Adi<br />
Shankara als auch Ramanuja erkennen im Menschen drei Bewusstseinszustände. Das normale<br />
Wachbewusstsein, den Traum und den Tiefschlaf. Die ersten Beiden werden als Illusion bezeichnet<br />
und sind gleichwertig. Ähnlich wie man aus einem Traum erwacht und die Realität<br />
erkennt, könnte der Mensch aus seinem Tagesbewusstsein erwachen und zu seinen tatsächlichen<br />
Wesen (Erleuchtung) kommen. Nur der Tiefschlaf ist jener Zustand, der dem Atman<br />
gleichkommt. Während der Tiefschlafphase vergisst der Mensch sein Ich, obwohl er sich nach<br />
dem Erwachen daran erinnern kann, dass er geschlafen hat. Neben dem Tiefschlaf gibt es noch<br />
weitere Zustände, die dem Atman gleichkommen. Dazu gehört Meditation, über die es dem<br />
Menschen möglich ist, bei intensiven Übungen ein Tiefenbewusstsein, bei gleichzeitigem Wachzustand<br />
zu erreichen. Dieser sogenannte Samadhi ist der höchste und tiefste Bewusstseinszustand,<br />
den ein Mensch erreichen kann. Viele neuere Lehrer und Philosophen des 19. Jh. wie<br />
Maharshi, Osho und weitere bezeichnen den Weg vom Ego zum Selbst als Königsdisziplin.<br />
Während Mahrashi dies eher auf intellektueller Weise versucht in dem er dem Menschen rät,<br />
sich immerwährend die Frage zu stellen „wer bin ich?“., so geht Osho den Übungsweg durchaus<br />
mit tantrischen Ansätzen. Sex ist nach Osho auch einer dieser tieferen Bewusstseinszustände<br />
bei dem das Ego verschwindet.<br />
Obwohl alle orthodoxen Schulen auf dem Veda aufbauen, wurde dieser durch die jeweiligen<br />
Schulen stark gefiltert und auch verändert. Insbesondere war es Swami Vivekananda der beim<br />
ersten Kongress der Weltreligion in Chikago etwa 1850 den Hinduismus völlig neu vorgestellt<br />
Spirituelle Theologie<br />
© <strong>Manfred</strong> <strong>Litzlbauer</strong>