Interreligiös_pdf - Manfred Litzlbauer
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2.1.14 Zusammenfassung und Reflexion Judentum I<br />
Zusammenfassung:<br />
Im Vergleich zu den Weltreligionen und anderen gesellschaftlichen Institutionen hat das Judentum<br />
die längste Geschichte. Dies zeigt sich auch in der Zeitrechnung, derzufolge Gott die Welt<br />
am Samstag den 6. Oktober 3761 vor Christus erschaffen hat. Die religiösen und spirituellen<br />
Grundlagen sind auf die Erzväter Abraham, Isaak und Jakob zurückzuführen. Die weitere jüdische<br />
Geschichte, also Exodus, Tempelbau und babylonische Gefangenschaft sind sowohl in der<br />
Tora als auch im Alten Testament des Christentums verankert. Das Judentum so wie wir es<br />
heute kennen, ist auf die Rabbiner etwa 70 nach Christi Geburt zurückzuführen. Aus dieser<br />
Tatsache heraus könnte man das Christentum und das Judentum durchaus als Schwesterreligionen<br />
mit gemeinsamer Wurzel bezeichnen. Einige sehr mutige Autoren bezeichnen das<br />
Christentum als Globalisierung des Judentums.<br />
Das wesentliche Merkmal des Judentums ist die Schriftform seiner Religion und das sehr umfassende<br />
Regelwerk, die Mizwot mit 613 Ge- und Verboten die den gesamten Lebensbereich<br />
eines jüdischen Menschen beeinflussen und regeln. Der jüdische Glaube an sich basiert auf die<br />
drei Bünden mit Gott, dem Glaubensbekenntnis und den 13 Glaubensartikeln. Insbesondere<br />
beinhalten die Schriften des Judentums auch die moralischen Pflichten der praktizierenden<br />
Menschen. Der wesentliche moralische Anspruch lautet „liebe deinen Nächsten wie dich<br />
selbst“. Das verpflichtet den praktizierenden Juden zur Nächstenhilfe, allerdings nicht zu übertriebenen<br />
Spendengabe damit er sich selber nicht in Gefahr bringt. Zu sorgen hat er sowohl für<br />
seine Kinder als auch für seine Eltern. Hilfeleistungen sind am besten anonym zu geben, ebenso<br />
besteht eine Pflicht zur Eigenvorsorge und im Falle einer Schädigung des Anderen zum<br />
Schadenersatz.<br />
Sämtliches Denken und Handeln ist in der Tora begründet. Zusammenfassend mit den Büchern<br />
der Propheten, den Bücher der Weisheit und der Tora ergibt dies den Tannach. Darin sind die<br />
Anweisungen oftmals unverständlich, daher sind Erläuterungen erforderlich. Diese sind zusammengefasst<br />
im Talmud wieder zu finden. Der Talmud ist die schriftliche Form der mündlichen<br />
Überlieferungen (Mischna). Verwendet wird der babylonische Talmud. Enthalten ist die<br />
Mizwot mit 613 Geboten.<br />
Das Leben eines praktizierenden Juden ist von der wöchentlichen Feier des Sabbat geprägt.<br />
Das ist der höchste Feiertag. Darum herum ist der Besuch der Synagoge, Bereitung der Speisen,<br />
die Arbeitsverrichtung geregelt. Selbstverständlich sind für Geburt, Hochzeit und Sterben<br />
explizite Regelungen vorhanden.<br />
Reflexion für die Gesellschaft:<br />
Das Judentum darf nicht nur als Religionsgemeinschaft betrachtet werden, vielmehr ist es eine<br />
Ethnie, die bereits 4000 Jahre besteht. Darüber hinaus noch die Besonderheit, dass diese<br />
Volksgruppe nicht auf einem Territorium zusammeleben konnte. Je nach Sichtweise leben die<br />
Juden seit 2500 Jahren in der Diaspora und sie gibt es nach wie vor. Das ist eine gesellschaftliche<br />
Leistung die wohl ohne religiösen Hintergrund nicht denkbar wäre. Das Judentum hat zu<br />
dem noch keine leichte Geschichte. Das Leid begann mit Exodus und Exil, setzte sich in der<br />
Tempelzerstörung fort und führte nahezu zu einer Auflösung etwa 70 nach Christus. Die wesentlichen<br />
Säulen, nämlich der Tempel und die Bundeslade, waren verloren. Trotzdem hat sich<br />
das jüdische Volk immer wieder aufgerichtet, sich auf ihren Gott in Bewusstsein, dass sie sein<br />
Volk sind, berufen. Für ein langfristiges Überleben einer Gesellschaft könnte vom Judentum<br />
Anleihe genommen werden. Dazu gehört die zweifellose Akzeptanz der Schrift, d. h. die Bücher<br />
Mose und die Bücher der Propheten sind absolut. Dazu gibt es noch die wesentlichen Gebote in<br />
Form des Dekaloges. Dieser ist so prägnant und einfach zu verstehen, dass jedes Mitglieder<br />
der Gesellschaft diesen in jeder Situation anwenden kann. Wahrscheinlich sind es einfache<br />
Regeln, die eine Gesellschaft zusammenhält, obwohl das jüdische Schrifttum in weiterer Folge<br />
der Talmud zu einer Wissenschaft entwickelt wurden. Diese zu verstehen war es notwendig,<br />
entsprechend geschultes Personal wie die Rabbiner zu haben. Für einen außenstehenden Erwachsenen<br />
ist es schwierig diese Normen und Lebensweisen anzunehmen. Ein jüdisches Kind<br />
lernt das im täglichen Leben und ohne Schwierigkeiten. Stellt sich die Frage: was können moderne<br />
Gesellschaften vom Judentum, zusätzlich zur Religion noch lernen. Das könnte zum Einen<br />
ein definitiver Auftrag sein – welchen haben denn die Österreicher? Und zum Anderen ein<br />
Leben nach einfachen Regeln – was ist in Österreich noch einfach? Was allerdings passiert<br />
wenn sich das Umfeld dramatisch verändert – sind dann die Regeln für ein weiteres Überleben<br />
noch geeignet? Ob sich das Judentum in einer globalisierten Gesellschaft halten kann, wird<br />
Spirituelle Theologie<br />
© <strong>Manfred</strong> <strong>Litzlbauer</strong>