Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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reiches haben: die Ostsee und das Schwarze Meer. Da?
her umfaßt der geographische Begriff Polens selbst bei
den wissenschafthchen polnischen Geographen bis heute
außerhalb des ganzen polnischen ethnographischen Terri?
toriums auch noch Litauen, Weißrußland und die ganze
Ukraina bis zum Dnipröfluß und zum Schwarzen Meere.
Wie konnte man nun diesen historisch^geographis
sehen Begriff Polens mit dem ethnographischen Begriff
der Ukraina in
Einklang bringen?
Die Lösung dieser Frage erschien für die polnischen
Gelehrten und Politiker sehr leicht. Sie konstatierten
einfach, daß die Ukrainer einen Teil der polnischen
Nation bilden, ihre Sprache sei ein Bauerndialekt der
polnischen Sprache und nur der Glaube, einige Sitten
und Gebräuche, Lieder usw. seien ein wenig von den
polnischen verschieden. Diese kleinen Verschiedenheiten
könnten dem gemeinen Landvolke auch fernerhin ver?
bleiben, ebenso könnte der gebildete Ukrainer seine
Sprache und Sitte im Privatleben behalten, aber er müßte
in seiner politischen Gesinnung, in seiner Kultur, in seiner
Literatursprache ein Pole sein und bleiben.
Diese polnische Lösung der ukrainischen Frage
stammt von der polnischen Staatsidee eines polnischen
Reiches, das von der Ostsee bis zum Schwarzen Meere
reichen soll. Trotzdem die historische Entwicklung der
nationalen Verhältnisse von Osteuropa bereits in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Unrichtigkeit
dieser Lösung anschaulich dargetan hatte, herrscht in
allen maßgebenden polnischen Kreisen die Meinung,
daß das ukrainische Volk nur eine ethnographische Masse
bildet, welche eine gute Grundlage für die Expansion
der polnischen Kultur und polnischen Macht abgeben soll.
Diese polnische Theorie in der ukrainischen Frage
war für die Entwicklung der ukrainischen Nation nicht