Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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Zur Zeit des Hochwassers treten die Flüsse aus ihren
Ufern und überschwemmen das ganze Tiefland weit und
breit. Zur Zeit der Schneeschmelze im Frühling oder
der starken Regengüsse im Frühsommer verwandelt sich
das ganze Polissje in einen ungeheuren See, über dessen
Wasserfläche nur die überschwemmten Wälder und die
besiedelten sandigen Bodenanschwellungen sichtbar sind.
Die Frühjahrsüberschwemmung dauert zwei bis drei
Monate, die Sommerüberschwemmung ebensoviele Wo?
chen — das Wasser kann wegen schwachen Gefälles der
Flüsse nur langsam abfließen. Auf Landstraßen und
Eisenbahnen stockt jedweder Verkehr, nur zu Wasser
können verschiedene Ortschaften des Polissje erreicht
werden.
Während der Hochwasserzeit haben die Flüsse
vielfach neue Betten aufgesucht und dadurch erklärt sich
der große Reichtum an Altwässern und Flußarmen, web
che allen poHssischen Flußläufen eigentümlich sind. Und
als Überreste der Hochwässer bleiben zahllose Tümpel
und Sumpfseen zurück.
Diese periodischen Überschwemmungen sind die
Hauptursache des Fortbestehens der polissischen Sümpfe.
Wir können zwei Haupttypen der Sümpfe in Polissje
finden. Im Westen und Norden des Gebietes überwiegen
große Torfmoore mit Kiefernwäldern, im Süden und
Osten überwiegen waldlose, mit Weidengestrüpp be*
wachsene Sumpfwiesen. Diese werden Halä genannt. Es
wird über die Bodenlosigkeit der Sümpfe und der kleinen
Sumpfseen von der Landbevölkerung des Polissje viel
gefabelt. Lange Zeit hat man sogar geglaubt, daß die
Sümpfe niedriger als der normale Spiegel der Flüsse
liegen sollten. Aber genaue Messungen haben diese
Fabeleien Lügen gestraft und bewiesen, daß die Sümpfe
des Polissje nicht tief sind und höher liegen als die
Flüsse. Seit 1873 arbeitet nun die russische Regierung