Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

I verhält
: obgleich
[
von
— 229 —
Die weitere Haupteigenschaft der russischen Kultur
ist ihre hervorragende ÄußerHchkeit. Unter einer dünnen
Schichte westeuropäischer Formen verbirgt sich grobe
Barbarei. Die äußeren Lebensformen eines russischen
Gebildeten fallen zu oft durch ihre Grobheit, Zügellosig?
keit und brutale Rücksichtslosigkeit auf. Wir sehen also,
daß sogar die äußeren Formen der europäischen Kultur
von den Russen nur äußerlich angenommen worden sind.
Noch ärmer ist es mit dem Inhalt bestellt. Wir haben
gesehen, wie wenig die Russen es verstanden haben, die
europäische materielle Kultur sich anzueignen. Ebenso
es sich mit der geistigen Kultur. Die russische
Literatur, besonders die neueste, hat ethische Elemente
höchst zweifelhaftem Werte in die Weltliteratur ge?
bracht (Arzybaschew u. a.).
Die russische Wissenschaft,
sie einige große Namen aufweist und über un*
geheure Mittel verfügt, steht weit hinter der deutschen,
^
englischen oder französischen. Alles wird in der russi?
f
sehen Wissenschaft um des Effektes willen gemacht,
ohne Gründlichkeit, ohne Methode, überall sieht man da?
her fatale Lücken. Nehmen wir z. B. unsere Wissen?
Schaft, die Geographie vor. Es vergeht beinahe kein
Jahr, daß die russische Regierung nicht eine oder mehrere
große wissenschaftliche Expeditionen nach Asien oder
nach dem Pol veranstaltet. Eine jede Expedition liefert
ganze Bände wissenschaftlicher Resultate und inzwischen
sind z. B. die Oberflächenformen der volkreichsten und
kulturell am höchsten stehenden Gegenden des europäi?
sehen Rußlands kaum in Hauptzügen bekannt. Die beste
Geographie Rußlands hat der Franzose Reclus geschrie?
ben. Eine moderne, wirklich wissenschaftliche Geo?
graphie Rußlands gibt es nicht.
l Noch ausdrücklicher tritt die Äußerlichkeit der rus?
'
sischen Kultur in sozialen und politischen Fragen auf.