Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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besitz immer mehr, trachten, möglichst viel Land von
den Großgrundbesitzern zu pachten, suchen sich Nebens:
verdienst in der Hausindustrie, aber ein großer Prozent*
Satz sieht sich genötigt, das Vaterland zu verlassen und
in Kaukasien, Turkestan, Sibirien, Kanada, Brasilien,
Argentina eine neue Heimat zu suchen. Und diese trau*
rige Tatsache darf uns nicht wundern. Denn wenn die
fremden Kolonisten, welche von Katharina II. in der
Südukraina angesiedelt wurden, je 65 ha pro Kopf be*
kommen haben, erhielt der ukrainische Bauer nach der
Aufhebung der Leibeigenschaft 1861 im Maximum 3 V2 ha,
in vielen Fällen aber kaum 1 V2 ha pro Kopf. In einem
halben Jahrhundert hat sich die Landbevölkerung ver*
doppelt, während die Anbaufläche sich kaum merklich
vergrößern konnte. Daher gab es im Gouvernement Pol*
täwa bereits vor 20 Jahren über 60% von Bauernwirt*
Schäften mit nur 1,3 Dessjatin Anbaufläche, nicht ganz
4Vo umfaßten mehr als je 5 Dessjatin. Wie kann man
bei solchen Besitzverhältnissen von einer fortschritt*
liehen Bewirtschaftung reden? Jene 60% von Bauern*
anwesen grenzen hart an das Häuslertum. Und nun die
Folgen: 62% der Emigranten, welche 1910 nach Rus*
sisch*Asien auswanderten, stammte aus den ukrainischen
Gouvernements, aus dieser „Kornkammer" Rußlands.
Und nicht nur aus den dichtbevölkerten Gebieten von
Kyjiw oder Poltäwa, sondern auch aus den Verhältnis*
mäßig dünn bevölkerten, sehr fruchtbaren
Ukraina, aus Chersson, Katerynossläw, Taurien.
Gebieten der
Die dritte Ursache des traurigen Zustandes der
ukrainischen Landwirtschaft kommt von dem in der
östlichen Ukraina eingeführten System des Gemeinde*
grundbesitzes. Dieses in Groß*Rußland überall herr*
sehende System beruht darauf, daß der Landbesitz nicht
dem einzelnen Bauern, sondern der ganzen Gemeinde
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