Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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Wir sehen hier ein schönes Beispiel, wie mit der
anthropologischen Verwandtschaft die sprachliche Hand
in Hand geht. Es ist hiemit nachträglich der Beweis er#
bracht, daß die anthropologischen Merkmale bei den Vöb
kern Osteuropas eine ganz andere Bedeutung haben als
in West? oder Mitteleuropa. Diese Übereinstimmung
zweier voneinander vollkommen unabhängiger Wissen*
Schäften läßt uns in den Ukrainern eine sehr eigenartige,
selbständige Einheit in
der slawischen Völkerfamilie er*
kennen. Nur die geringe Verbreitung der Kenntnis des
Ukrainischen unter den Slawisten, die immer nach russi*
schem Schema verstandene Geschichte Osteuropas, die
gemeinsame Kirchensprache, welche lange zugleich die
Grundlage für die Schriftsprache bildete, die Unglück*
selige Verwirrung durch die Namen Russj, russjkyj,
welche als alte Staatsnamen des Reiches von Kyjiw von
dem moskowitischen Reiche usurpiert und allen ostslawi*
sehen Nationen beigelegt wurden, haben den wahren Tat*
bestand vor den Augen der
europäischen Wissenschaft
verbergen können und der offiziellen russischen Einheits*
theorie zur Herrschaft verholfen.
Daß die ukrainische Sprache selbständig und von der
russischen oder polnischen vollkommen verschieden ist,
weiß jeder analphabete Bauer in der weiten Ukraina.
Er versteht den Polen und den Russen nicht, seine Spra*
che ist einem Polen oder Russen ebenfalls unverständlich.
Das Polnische ist für einen ungebildeten Ukrainer noch
leichter verständlich, weil das jahrhundertelange Zusam*
menleben der Polen und Ukrainer im polnisch*litauischen
Staate bedeutende gegenseitige Einflüsse besonders im
Wortschatze zur Folge hatte. Aber das Russische mit
seinem für einen Ukrainer fremdartigen Wortschatz und
Lautcharakter, anders gearteter Wortbildung, Deklina*
tion, Konjugation ist eine schwere fremde Sprache. Wie