Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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Viel größere Schäden hat die russische Einheits*
theorie in den oberen Schichten der ukrainischen Nation
angerichtet. Um der Ämter, Würden, Ländereienver*
leihungen willen hat sich der ukrainische Adel in den
zwei letztverflossenen Jahrhunderten größtenteils russi*
fiziert, ebenso eine Unzahl von Staatsbeamten, Militärs,
Geistlichen usw.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahr*
hunderts begann sich das Tempo der Russifizierung der
gebildeten ukrainischen Kreise zu verlangsamen, ob*
gleich es auch gegenwärtig in Rußland sehr viele gebil*
dete Ukrainer von Geburt gibt, welche ganz russifiziert
und die ärgsten Feinde der eigenen Nation sind.
Die russische Einheitstheorie hat mit den Sechziger*
Jahren des 19. Jahrhunderts auch in österreichsUngarn
Eingang gefunden und hier die sogenannte „russophile
Partei" ins Leben gerufen.
Ihre gebildeten Anhänger sind
mit kleinen Ausnahmen nicht einmal der russischen
Sprache mächtig. Trotzdem nennen sie sich Russen, pro*
pagieren „die Einheit des russischen Volkes von den
Karpathen bis zur Kamtschatka" und nennen ihre ukraini*
sehe Muttersprache „einen Dialekt der karpathischenHir?
ten und Schweinehüter". Sie sprechen und schreiben eine
merkwürdige Mischsprache, die aus ukrainischen, russi*
sehen und kirchenslawischen Wörtern zusammengesetzt
ist (das sogenannte Jasytschije), erst in allerletzter Zeit
haben sie angefangen, ein schlechtes Russisch zu gebrau*
chen. Durch bedeutende Geldsubsidien aus Rußland
unterstützt, entwickeln die gebildeten Russophilen eine
lebhafte Agitation unter dem Landvolke Ostgaliziens,
der Bukowina und Nordostungarns. Die russophilen
Bauern dieser Länder, deren Zahl übrigens unbedeutend
ist, bilden einen merkwürdigen Typus einer verführten
Volksmasse.
Sie versuchen auch das Jasytschije zu spre*
chen, gebrauchen die alte „tausendjährige", der russi?