Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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Dieser furchtbar niedrige Bildungsgrad des Volkes läßt
keinen Fortschritt im Wirtschaftsleben aufkommen.
Selbst die wohlmeinendsten Bemühungen der Regierung
an der ehernen Wand des
oder des Semstwo scheitern
Analphabetismus und der Unkenntnis der russischen
Sprache. Und ukrainische Aufklärungs? und Belehrungss
bücher sind als staatsgefährlich verboten. Kein Wunder
nun, wenn der ukrainische Bauer ganz nach Art der Vor?
väter seinen Acker bestellt, sein Vieh züchtet, seine
Hausindustrie betreibt, seine Krankheiten heilt usw. Die
kleine Anzahl der Gebildeten, die Literatur und Kunst
für die Größe der Nation noch schwach entwickelt —
wie kann man da von einer eigenartigen selbständigen
Kultur sprechen?
Und sie besteht dennoch.
Denn der niedrige Kulturs
zustand, welchen ein jeder fremde Turist, der nur die
Eisenbahnen und die Städte kennt, sofort bemerkt, be?
zieht sich nur auf die Kultur, welche in der Ukraina von
den herrschenden Fremdvölkern samt dem kleinen Häuf?
lein ukrainischer Intelligenz gebildet wurde. (Über die
geistige
Kultur der ukrainischen Gebildeten wird später
die Rede sein.) Ebenso müßte einem jeden flüchtigen
Beobachter der ukrainische Bauer als ein auf sehr tiefer
Kulturstufe stehender Halbeuropäer erscheinen. Und
dennoch besitzt dieser analphabete Bauer eine eigene
Volkskultur, welche die Volkskulturen der Polen, Rus?
sen, Weißrussen bei weitem übertrifft. Die Siedlungen,
Bauten, Trachten, die Nahrung und Lebensweise des
ukrainischen Bauern stehen viel höher als diejenigen der
russischen, weißrussischen, polnischen Bauern. Daher
assimiliert der ukrainische Bauer alle bäuerlichen Ansied?
1er im eigenen Lande sehr leicht und vollkommen. Das
reiche ethnologische Leben, die in Europa vielleicht einzig
dastehende mündliche Volksdichtung und Volksmusik^