Ukraina, Land und Volk ; eine gemeinfassliche Landeskunde

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gültigkeit des Ukrainers ist eher ein Ausfluß der trüben
geschichtlichen Ereignisse als des Klimas und der Natur
des Landes im allgemeinen. Man könnte hier höchstens
die große Fruchtbarkeit des Tschornosem beschuldigen.
Denn die Hoffnung auf diese Fruchtbarkeit trügt bei*
nahe niemals und begünstigt die Gleichgültigkeit des
Bauern. Dafür konnten die 500 Jahre der Tatarennot
wirklich eine ererbte Gleichgültigkeit erzeugen. Wozu
soll man streben und schaffen, wenn jeden Augenblick
die Tatarenhorden kommen und alles nehmen oder ver*
brennen können?
Trotz dieser sozusagen geschichtlich ererbten Gleich*
gültigkeit kann man den Ukrainern die den Südländern
eigentümliche Faulheit nicht zuschreiben. Sie sind
bessere Ackerbauer als alle ihre Nachbarn, mit alleiniger
Ausnahme derjenigen, welche den fortgeschrittenen
Ackerbau bei sich eingerichtet haben, z. B. die preußi?
sehen Polen. Die Hausindustrie ist bei den Ukrainern
auch stark entwickelt und die ukrainischen Saisonarbeis
ter werden, besonders in Deutschland, geradezu gesucht
und verdienen sehr viel. Der ukrainische Erntearbeiter
wird mehr gesucht und besser bezahlt als
der russische.
Er arbeitet langsam, aber methodisch und erzielt gute
Resultate. Der ukrainische Kolonist findet erträgliche
Lebensbedingungen an solchen Stellen, wo der russische
Hungers stirbt oder entflieht.
Ebenso ist die Schwachheit des Willens keine wirk?
liehe Eigenart der Ukrainer, als eines südlichen Volkes.
Ihre tausendjährigen Kämpfe mit dem räuberischen
Asien, die selbständige Bildung zweier großen Staat*
liehen Organisationen, besonders aber der zweiten, nach
drei Jahrhunderten der Knechtschaft, das neue Erwachen
im 19. Jahrhundert unter solch schweren und feindlichen
Verhältnissen, die großartige kolonisatorische Expansion