05.11.2013 Aufrufe

(Heraklit) (1943) 2. Logik. Heraklits Lehre vom ... - gesamtausgabe

(Heraklit) (1943) 2. Logik. Heraklits Lehre vom ... - gesamtausgabe

(Heraklit) (1943) 2. Logik. Heraklits Lehre vom ... - gesamtausgabe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

106 Der Anfang des abendländischen Denkens<br />

das Wesen >des Lebens< bestimmten. Wir könnten eine >geistesgeschichtliche<br />

Galerie< von Lebensbegriffen aufmachen, und<br />

jeder könnte dann wie in einem Warenhaus sich das herauswählen,<br />

was ihm und seinen >Erlebnissen< zusagt. Man könnte<br />

mit großartiger geistesgeschichtlicher Aufmachung und mit<br />

einem Augenzwinkern sich für den >Lebensbegriff< des Christentums<br />

entscheiden. Man muß nun aber am selben Tag z. B.<br />

als bekannter Forscher von Berlin mit dem Flugzeug nach<br />

Oslo zu einem Vortrag fliegen. Man findet das >Erlebnis<<br />

herrlich. Aber man macht sich nicht den geringsten Gedanken<br />

darüber, daß dieses Erlebnis die reinste Bejahung des Willens<br />

zur Macht ist, dessen Wesen die Möglichkeit eines Flugzeugs<br />

und einer Reise in diesem überhaupt trägt. Man findet von<br />

seinen christlichen Erlebnissen aus die Nietzschesche <strong>Lehre</strong> <strong>vom</strong><br />

Willen zur Macht greulich und fliegt vergnügt in der Maschine<br />

über die norwegischen Fjorde. Man hält womöglich<br />

einen geistesgeschichtlich geladenen Vortrag gegen den >Nihilismus<<br />

und fliegt im Flugzeug umher, benutzt das Auto und<br />

die Rasierklinge und findet den Willen zur Macht grausig.<br />

Warum ist diese grandiose Verlogenheit möglich? Weil man<br />

weder bei seinem christlichen Standpunkt noch bei seiner<br />

Reise mit dem Flugzeug noch sonst einmal an das Sein denkt<br />

und von der Seinsvergessenheit in der reinsten Vergessenheit<br />

umgetrieben wird.<br />

Insgleichen wäre der historische Spaziergang durch die Geschichte<br />

des >Lebensbegriffes< auch nur eine Augentäuschung<br />

und in Wahrheit eine Flucht vor der Besinnung auf das, was<br />

>ist< und was in dem >ist< waltet.<br />

Doch sind wir selbst nicht in dem gleichen Fall, wenn wir<br />

die Bedeutung von ~w~ und ~ilv erläutern, nur daß wir jetzt<br />

noch um einige Jahrhunderte weiter zurückgehen, wo die Festlegung<br />

der Begriffe höchstens noch unsicherer wird?<br />

Aber nach dem, was in den vorigen Stunden gesagt wurde,<br />

sind wir nicht in dem gleichen Fall. Es handelt sich nicht um<br />

historisches Verrechnen der verschiedenen Begriffsauffassun-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!