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(Heraklit) (1943) 2. Logik. Heraklits Lehre vom ... - gesamtausgabe

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§ 3. Der Anfang des anfänglich Zu-denkenden 63<br />

geln, aber auch nur selten durch eine >bessere< ersetzen kann.<br />

Dies glückt zuweilen nach langer Erfahrung. Ein solcher Fall<br />

liegt jetzt vor in der soeben erschienenen übersetzung der<br />

Antigone des Sophokles durch Karl Reinhardt. Die Souveränität<br />

und Schönheit dieser übersetzung gibt die Gewähr, daß<br />

manch einer schon auf dem rechten Wege ist. Jede übersetzung,<br />

bloß für sich genommen ohne die zugehörige Auslegung,<br />

bleibt allen nur möglichen Mißverständnissen ausgeliefert.<br />

Denn jede übersetzung ist in sich schon eine Auslegung.<br />

Unausgesprochen trägt sie bei sich alle Ansätze, Hinsichten,<br />

Ebenen der Auslegung, der sie entstammt. Die Auslegung<br />

selbst wiederum ist nur der Vollzug der noch schweigenden,<br />

noch nicht in das vollendende Wort eingegangenen<br />

übersetzung. Auslegung und übersetzung sind in ihrem Wesenskern<br />

dasselbe. Deshalb gibt es, da ja die Worte und Schriften<br />

der Muttersprache oft auslegungsbedürftig sind, auch innerhalb<br />

der eigenen Sprache notwendig und ständig ein<br />

übersetzen. Alles Sagen, Rede und Antwort, sind ein übersetzen.<br />

Daß beim übersetzen meist zwei verschiedene Sprachen<br />

in die Zwiesprache gelangen, ist also nicht das Wesentliche<br />

des übersetzens. Wir müssen z. B. Kants »Kritik der reinen<br />

Vernunft« jedesmal zuerst übersetzen, um sie zu verstehen.<br />

Das bedeutet keineswegs, die hohe Sprache des Werkes in die<br />

Gemeinsprache herabsetzen, sondern es heißt: das Denken<br />

dieses Werkes in ein auseinandersetzendes Denken und Sagen<br />

übersetzen. Dabei entsteht dann bisweilen der merkwürdige<br />

Anschein, daß der Ausleger >eigentlich< den Denker >besser<<br />

verstehe, als dieser sich selbst verstand. Für die leere Eitelkeit<br />

der bloß gescheiten >Köpfe< ist dieser Anschein gefährlich. Sie<br />

schließen daraus, daß in diesem Fall Kant selbst nicht recht<br />

gewußt habe, was er eigentlich wollte, daß jetzt aber der<br />

nachgekommene Ausleger dies genau wisse. Doch dies, daß ein<br />

Denker >besser< verstanden werden kann, als er sich selbst verstand,<br />

ist durchaus kein Mangel, der ihm hinterher angerechnet<br />

werden dürfte, sondern das ist ein Zeichen seiner Größe.

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