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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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von Inhalt und Vollzugsweise ist gegenüber der Moderne – neben der Relativierung<br />

- nach Ansicht des Autors das Neuartige der Postmoderne. 44<br />

Welsch scheint gerade auf diesen Sachverhalt hinzudeuten:<br />

„Die Postmoderne realisiert in der Breite der Wirklichkeit (exoterisch), was<br />

modern zunächst nur spezialistisch (esoterisch) erprobt wurde. Sie ist die<br />

exoterische Alltagsform der einst esoterischen Moderne. Die einschneidende<br />

Pluralität, wie die Postmoderne sie erkennt und vertritt, war als Möglichkeit<br />

sogar schon vor der Moderne entdeckt, kam aber nicht zum Tragen. Es ist bezeichnend,<br />

daß auf einen Kant, der inmitten der Neuzeit die Differenzierung<br />

von Rationalitätstypen schon sehr weit vorangetrieben hatte, die Einheitsprogramme<br />

des Idealismus folgten. Die Moderne des 20. Jahrhunderts hat dann<br />

Finitismus, Heterogenität und Pluralität zunehmend erkannt, aber doch nur<br />

sporadisch zu realisieren vermocht. Erst die Postmoderne macht sich an die<br />

breite Verwirklichung dieses neuen Sinnkonzepts.“ 45<br />

Diese Verbindung führt auf der einen Seite dazu, dass die behandelten<br />

Inhalte (bspw. Pluralität) auf Ebene des Verwendungszusammenhangs die<br />

Art und Weise der Vermittlung, der Umsetzung, mitprägen (bspw. herrschaftsfreier<br />

Diskurs) und führt auf der anderen Seite dazu, dass die Parameter<br />

der Umsetzung, die hier gemachten Erfahrungen und Praktiken, wiederum<br />

die Inhalte modifizieren (Wie ist Pluralität und Handhabung gleichzeitig<br />

zu denken? Heterogenität und Konnexion?). Das bedeutet, dass Inhalt<br />

zum Programm wird, Prozess dagegen zu konstitutivem Inhalt. 46 Die Grenzen<br />

traditioneller Konstitution erodieren.<br />

44 Es würde jedoch zu kurz greifen, Postmoderne stellvertretend für „Umsetzung von<br />

Inhalten“ an sich zu setzen und die Moderne im Gegenzug als frei von der Reflexion<br />

über ihre (moderne) Umsetzung, den modernen Vollzug zu rekonstruieren. Obwohl<br />

sich diese Sichtweise aufdrängen mag, so ist dabei die Gefahr einer vorschnellen<br />

„methodischen Sezierung“ groß. Postmoderne steht nicht ausschließlich für Umsetzung,<br />

so wenig wie Moderne alleinig für substantialistische Inhalte steht. Das würde<br />

der Moderne nicht gerecht, ebensowenig wie der Postmoderne. Letztere wäre festgelegt<br />

auf eine Betrachtung alleinig von Prozessen und damit von Substanz distanziert,<br />

doch stellt sie gerade mit Pluralität und Relativität auch die Substanz der Moderne in<br />

Frage. Damit lässt sich keine qualitative Differenz zwischen Moderne und Postmoderne<br />

ableiten. Dies würde nämlich eine latente Inkommensurabilität implizieren,<br />

welcher hier nicht gefolgt werden soll.<br />

45 Welsch (1993: 83; Fußnoten weggelassen).<br />

46 Diese Auffassung drückt sich in der Verwendung des Begriffs „Programm“ in Bezug<br />

auf die Postmoderne aus. Wie gezeigt, verwendet Habermas den Begriff „Projekt“ in<br />

Bezug auf die Moderne. Ein Austausch dieser Begriffspaare würde sich gegen deren<br />

inhaltliches Selbstverständnis stellen.<br />

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