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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Aus dieser Spannung - der (subjektiven) Bemächtigung der Vernunft vs. der<br />

Vernunft mächtig sein - ist der Ansatz von Horkheimer auch historisch zu<br />

verstehen, der die subjektive Vernunft als notwendig erachtet, sie jedoch<br />

auch als ihre größte Gefahr interpretiert. Ist die Vernunft alleinig bzw. maßgeblich<br />

vom Subjekt abhängig, so ist sie auch maßgeblich seinen Schwächen<br />

ausgeliefert. Die Vernunft „menschelt“. 74<br />

Die spannungsvollen Gegensätze von subjektiver und objektiver Vernunft<br />

sowie Geist und Natur löst Horkheimer jeweils mit der gleichen <strong>St</strong>ruktur auf,<br />

die der Komplementarität. Es ist das eine nicht ohne das andere zu denken<br />

und vice versa. Dabei, und dies betont er mehrmals in seiner Kritik, kann es<br />

nicht darum gehen, diese Komplementarität als Dualismus zu rekonstruieren,<br />

der antagonistisch-substitutiv darauf drängt, die jeweilig gegenüberliegende<br />

Seite zu ersetzen. Dieser Dualismus ist vielmehr notwendiger Schein:<br />

„Denn ganz wie der absolute Dualismus von Geist und Natur ist der von<br />

subjektiver und objektiver Vernunft bloß ein Schein, obgleich ein notwendiger.<br />

Die beiden Begriffe sind in dem Sinn ineinander verflochten, daß die<br />

Konsequenz eines jeden nicht nur den anderen auflöst, sondern auch zu ihm<br />

zurückführt.“ 75<br />

enthüllt es ihre historische Relativität. (...) Zweitens: Es sollte zugestanden werden,<br />

daß die grundlegenden kulturellen Ideen einen Wahrheitsgehalt haben, und Philosophie<br />

sollte sie an dem gesellschaftlichen Hintergrund messen, dem sie entstammen.<br />

Sie bekämpft den Bruch zwischen Ideen und Wirklichkeit.“ (Horkheimer 1967: 169f.).<br />

74 Landmann stellt die Frage: „Ist Vernunft noch das Humanum?“ (Landmann, M.<br />

(1974): Teuer bezahlte Vernunft: Ist Vernunft noch das Humanum?, in: Schatz, O.<br />

(Hrsg.), Was wird aus dem Menschen? Analysen und Warnungen prominenter Denker,<br />

Graz/Wien/Köln, S. 77-107, hier S. 77) und kommt zu dem Schluss, dass die Vernunft<br />

nicht mehr human ist und wir in „ein Zeitalter der transhumanen Vernunft“<br />

(Landmann 1974: 83) treten. Landmann verwendet hier das Präfix „trans“ im Sinne<br />

eines „jenseits“ bzw. eines wortwörtlichen „Übergehens“ des Menschen und seiner<br />

Bestimmungen. Er betont die „Entmachtung“ und „Überspringung“ der Subjektivität<br />

durch die Vernunft, stellt die eine, „gleiche Wahrheit für alle“ der sich „unterscheidenden<br />

Individualität“ entgegen, was dazu führt, dass der „einzelne nur Fall eines<br />

Allgemeinen“ ist. Die „transhumane Vernunft [erstickt] die Spontaneität und nivelliert<br />

die Individualität“. Vgl. hierzu Landmann (1974: 89ff.). Landmann zeigt damit<br />

die Spannung zwischen Teil und Ganzem auf, was auch in dieser Argumentation im<br />

Mittelpunkt steht und in der Diskussion um eine transversale Vernunft noch vielfältig<br />

aufgenommen und erörtert werden wird. Da wird deutlich werden, dass die transhumane<br />

Vernunft der transversalen Vernunft nicht ähnlich ist. Die transversale Vernunft<br />

hat gerade das Verhältnis von Teil und Ganzem im Auge, stellt das Subjekt in<br />

den Mittelpunkt ohne jedoch ins Willkürliche abzudriften. Vgl. hierzu Abschn. 9.2.3.<br />

75 Horkheimer (1967: 163).<br />

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