TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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echen kann. 157 Aufgrund der sich vielfältig entgegenstehenden Bestimmungen<br />
von Ökonomie und Ethik158 sind die Voraussetzungen ethischen<br />
Vollzugs vor allem über die „individuelle Mobilisierung“, nicht zuletzt auch<br />
wegen des eigengesetzlichen Charakters der Ökonomie, zu erreichen. Die<br />
„Mobilisierung“, die „Vitalisierung“ des Einzelnen erfolgt mit dem Ziel, eine<br />
grundsätzliche und dauerhafte Infragestellung der ökonomischen Rationalität<br />
und des ökonomischen Systems zu erreichen und im ökonomischen<br />
Kontext längerfristig zu etablieren. 159 Diese Mobilisierung geschieht vor<br />
allem durch die Explizierung der moralischen Begründungen (Andersartigkeit<br />
und Verwiesenheit). 160<br />
Das spezifisch postmodern-moderne sind die aus dieser Mobilisierung entstehen<br />
<strong>St</strong>rukturen und nachhaltigen Konsequenzen. Die grundsätzliche und<br />
nachhaltige Infragestellung der Ökonomie ermöglicht deren Öffnung und<br />
damit Anschlussfähigkeit an andere Rationalitätsbereiche und letztlich an<br />
postmodern-moderne Vernunft. Die Öffnung bzw. Konnexion harmoniert<br />
mit der Sicherung der Eigenständigkeit bzw. Heterogenität. Die Öffnung<br />
lenkt den Blick auf die Voraussetzungen der ethischen Setzung, nicht auf<br />
deren Vollzug selbst. Diese <strong>St</strong>ruktur setzt bereits auf individueller Ebene<br />
auch im ökonomischen Kontext an.<br />
Bei der Bestimmung einer postmodern-modernen Ethik der Ökonomie im<br />
unternehmerischen Kontext geht es vor allem um solche Fragen,<br />
a) wie sich die aktive Einstellung zur personalen und rationalen Andersartigkeit<br />
im Unternehmenskontext darstellt;<br />
157 Gründe für die Unwirksamkeit moralischer Ansprüche im ökonomischen Kontext<br />
sind bereits in Abschnitt 2.1.2 auf den systemisch-geschlossenen Charakter der ökonomischen<br />
Rationalität zurückgeführt worden. Daneben, aber hier nicht näher behandelt,<br />
lassen sich soziologische (Arbeitsgesellschaft) oder psychologische (Gruppenzwang,<br />
Rollenwechsel, Modelllernen) Ursachen zum Teil anführen und zum Teil<br />
vermuten.<br />
158 Vgl. bspw. die Ökonomismuskritik bei Ulrich (2000a: 559ff.).<br />
159 Es sei nochmals betont, dass dies nicht notwendigerweise die Effektivität und Effizienz<br />
des ökonomischen Vollzuges beeinträchtigen muss, jedoch kann (auch im Sinne von<br />
„dürfen“) es dazu führen.<br />
160 Ulrich antwortet diesbezüglich auf die Frage, wie diese Mobilisierung zu erreichen<br />
ist: „Die Antwort ist, wenn überhaupt, im Selbstverständnis aufgeklärter Bürger zu<br />
finden, also darin, als welche Personen sie sich selbst verstehen und in welcher<br />
Grundhaltung sie ihr Leben führen wollen, um sich selbst „gut finden“ und achten zu<br />
können. Das die personale Identität prägende Ethos impliziert immer auch eine Idee<br />
der moral community, der man sich zugehörig fühlt (soziale Identität).“ (Ulrich 2000a:<br />
565; Hervorhebungen im Original).<br />
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