TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
metrische Handhabungsstruktur hervorruft, fordert das Prinzip der Gleichbehandlung<br />
dermaßen heraus, dass dieses transzendierend komplettiert<br />
wird. Dass sich kein Paradoxon ergeben muss, wenn man das Prinzip der<br />
Gleichbehandlung einschränken will, soll im Folgenden gezeigt werden. 132<br />
Lyotard kommt, wie bereits erläutert, in seiner sprachwissenschaftlichen<br />
Analyse zu dem Schluss, dass unterschiedliche Diskursarten zueinander inkommensurabel<br />
sind und jeweilige Sätze aus diesen Diskursarten bei ihrem<br />
Aufeinandertreffen einen „Widerstreit“ provozieren. Es ist nicht einmal ein<br />
Vergleich zwischen beiden Sätzen möglich. Folgen sie aufeinander, so eliminiert<br />
der zweite Satz den ersten samt seiner Geltungsansprüche. 133 Durch<br />
den „Re-Import“ des die Diskursarten legitimierenden und anwendenden<br />
Individuums belegt Lyotard die an sich deskriptive Analyse normativ. Individuen<br />
als Träger von Rechten und Ansprüchen machen deutlich, dass eine<br />
Eliminierung von Sätzen einer Ignoranz gleichkommt, einer Unterdrückung<br />
derjenigen, die diese artikuliert haben. <strong>St</strong>ellt sich dann heraus, dass bestimmte<br />
Diskursarten überdurchschnittlich eliminieren, also „überstimmen“,<br />
andere dagegen häufiger überstimmt werden, dann ergibt sich vor dem<br />
Hintergrund der damit einhergehenden Überstimmung des Individuums<br />
und seiner an sich gleichberechtigten Artikulation ein Ungleichgewicht, das<br />
langfristig zum faktischen Ausschluss derselben aus dem gesellschaftlichen<br />
Diskurs führen kann.<br />
Dies beschreibt, wenn auch aus einer anderen Perspektive, die dieser Arbeit<br />
zugrunde liegende These in Bezug auf die ökonomische Rationalität. Die<br />
ökonomische Dominanz in unserer Gesellschaft wird auf diese Weise einer<br />
ethischen Reflexion zugeführt, die postmodernen Parametern Rechnung<br />
trägt. So fordert Honneth mit Bezug auf Lyotard explizit:<br />
218<br />
„(...) weil in unserer Gesellschaft bestimmte Diskursarten, darunter vor allem<br />
die des positiven Rechts und der ökonomischen Rationalität, zu einer institutionell<br />
gesicherten Vorherrschaft gelangt sind, bleiben bestimmte Sprachspiele<br />
132 Dabei sei überwiegend der Argumentation und Darstellung bei Honneth (2000a:<br />
136ff.) gefolgt. Von besonderem Interesse sind jedoch die Parallelen, die sich zu den<br />
vorherigen Kapiteln ergeben.<br />
133 Siehe hierzu die Bemerkungen zur Historie von Honneth (2000a: 138), welcher, mit<br />
Verweis auf Lyotard, Beispiele dieser Eliminierung aufführt. So sind es bspw. die<br />
Holocaust-Überlebenden, die ihre moralischen Ansprüche nur schwerlich artikulieren<br />
können, es sei denn, sie lassen sich auf die Diskursart des formalen Rechts ein. Auch<br />
der Arbeiter wird genannt, der mit seinen Anliegen nur bedingt in der ökonomischen<br />
Rationalität, also der Management-Ebene abbildbar ist.