TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Es lässt sich festhalten: Das Wissen um die eigene „pragmatische Reduktion“<br />
allein reicht nicht aus, um die daraus entstehenden Defizite handhaben zu<br />
können, sondern es gilt, Wege aufzuzeigen, wie diesen Defiziten begegnet<br />
werden kann. Wieland und Homann sehen beide keinen wirklichen Handlungsbedarf,<br />
der sich aus der – wenngleich bewussten – Reduktion ergeben<br />
könnte. Die Praktikabilität überkompensiert die damit verbundenen Reduktionismen,<br />
wie es scheint. 66 Jedoch, und dies stellt den zentralen Kritikpunkt aus<br />
der hier vertretenen Sicht dar, werden die Reduktionismen nachhaltig in<br />
Kauf genommen, es geschieht weder eine wirksame Aufarbeitung der einmal<br />
ausgeschlossenen bzw. scheinbar übersetzten Inhalte, noch führt man sich<br />
den Abstraktionsprozess in seiner inhaltlichen Konsequenz vor Augen.<br />
Letzteres bleibt der Soziologie, Philosophie, Theologie und anderen Disziplinen<br />
vorbehalten.<br />
10.2.3 Nicht-Numerisches als alternative Form<br />
Die zweite Form der Öffnung, die Anknüpfung vorbereitet und damit nachhaltig<br />
wirksam ist, folgt der Überzeugung, dass die ökonomische Rationalität<br />
in ihrer ausdifferenzierten Spezifizierung, so wie sie momentan „vorliegt“,<br />
eine stark asymmetrische Problem-Handhabungsstruktur erzeugt. Das bedeutet,<br />
dass sie andere Probleme generiert, während sie ihre eigenen zu lösen<br />
sucht. Dies ist an sich nichts Außergewöhnliches, da die Folgen einer Handlung<br />
oftmals außerhalb desjenigen Bereichs auftreten, in dem sie entstanden<br />
sind. Dies ist in den einleitenden Kapiteln ausführlich zum Ausdruck gekommen.<br />
Doch ist bezüglich der ökonomischen Rationalität diese Diskrepanz<br />
aufgrund ihrer Omnipräsenz, aber nicht Omnipotenz besonders evident.<br />
Die Öffnung begründet sich in ihrer Notwendigkeit vor allem dadurch, dass<br />
die weitreichenden, freilich von der Ökonomie überwiegend nicht intendierten,<br />
so doch nicht minder zu verantwortenden negativen Folgen für<br />
Natur und Gesellschaft systematisch in die eigene Rationalität zu integrieren<br />
sind. Dabei reicht es nicht aus, „Übersetzungsleistungen“ zu vollziehen, da<br />
diese letztlich doch im ökonomischen Sinne und zu ihren Zwecken gesche-<br />
66 Es ist dies keine neue Diskussion, die sich vor allem im Kontext um den homo oeconomicus<br />
entfaltet hat. Entscheidend scheinen dabei die Meinungen an dem Punkt<br />
auseinanderzugehen, wo die Folgen der Verwendung dieser Verhaltensheuristik eingeschätzt<br />
werden. Bei den Kritikern erfüllt diese Heuristik die Rolle und Funktion eines<br />
Menschenbildes und wirkt damit fundamental orientierend auf den Menschen<br />
zurück.<br />
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