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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Komplementarität aus prinzipieller und okkasioneller Rationalität stellt sich<br />

in die Systematik einer Ethik der Postmoderne. 96<br />

11.2 Übergang zum Selbst - zum Anderen<br />

Der Befund der Entgrenzung thematisiert die Möglichkeiten eines „Für-sichseins“<br />

des Einzelnen. 97 Aufgrund der Proliferation ökonomisch-systemischer<br />

Koordination in die lebensweltlichen Bezüge hinein entwickelt sich diese<br />

Selbstkontrolle zu einer lebensweltlichen Autonomie gegenüber dem System.<br />

Die eigenen Grenzen, in denen eine Identitätserfahrung trotz defizitärer<br />

Materie (fraktale Sinnstruktur) zu konstruieren versucht wird, müssen sich<br />

nach außen profilieren, obwohl die innere Referenz nicht hergestellt werden<br />

kann. Die Möglichkeit des „Für-andere-seins“ wird hier nicht nur von innen<br />

ausgehöhlt, sondern zudem von außen aufgebrochen. Wenn die äußere Referenz<br />

stabile Bezüge aufweisen würde, dann ließe sich die innere Erosion<br />

kompensieren. Zwar treten neue Bezüge hinzu (globale Kommunikation),<br />

jedoch weisen sie in ihrer Charakteristik qualitative Differenzen - und wenn<br />

man will: Defizite - auf, treten sie den Vergleich zu den herkömmlichen<br />

Bezügen (regionale bzw. lokale Kommunikation) an. Die neuen kommunikativen<br />

Möglichkeiten können diese nur zum Teil kompensieren. Die Entgrenzung<br />

kann somit dazu führen, dass eine zentrale Bestimmung moralischen<br />

Handelns, die gelingende Selbstkontrolle, vereinnahmt und instrumentalisiert<br />

wird und damit nicht mehr im Dienst des Einzelnen steht. Da<br />

zudem der innere Kern seinerseits erodiert, findet sich kein wirksamer<br />

Parameter einer Selbstbestimmung.<br />

In Bezug auf die soziale gemeinschaftliche Ebene bedeutet dies, dass ohne<br />

eine individuelle Selbstreflexion das Einlassen auf eine gemeinsame, soziale<br />

Reflexion, die die Beziehung zum Anderen zum Gegenstand hat, unwahr-<br />

96 Vgl. hierzu die Spinnersche „Doppel-Vernunft“ bspw. die „Fallstudien“ bei Spinner,<br />

H.F. (1994): Der ganze Rationalismus einer Welt von Gegensätzen: Fallstudien zur<br />

Doppelvernunft, Frankfurt. Die Komplementarität von prinzipieller und okkasioneller<br />

Vernunft zeichnet sich implizit in den hier behandelten Begriffspaaren ab. In<br />

diesem Sinne ist der Übergang in der transversalen Konzeption bei Welsch Programm,<br />

aber auch Konsequenz der Konzeption. System-Lebenswelt, Symmetrie-<br />

Asymmetrie, Dynamik-Routine stehen in inhaltlicher Nähe zu der Spinnerschen Konzeption.<br />

97 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Tugendhat, E. (1979): Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung:<br />

Sprachanalytische Interpretation, Frankfurt.<br />

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