TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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ihrer Leistungsfähigkeit in der pluralen Wirklichkeit messen lassen, an der<br />
Fähigkeit, (kognitive) Voraussetzung für einen sinnvollen und gerechten<br />
Ausgleich von verschiedenartigen und in sich einheitlichen Elementen einer<br />
Vielfalt des Ganzen zu schaffen und zu etablieren. 134 Dabei kann in diesem<br />
Zusammenhang nur die Ebene der prinzipiellen kognitiven und emotiven<br />
Öffnung und Sensibilisierung für die Relevanz von Toleranz und Bejahung<br />
von Vielfalt angesprochen werden.<br />
Welsch spricht von der „Vernunft als Korrektiv der Formen der Rationalität“<br />
und meint damit in Bezug auf einzelne Paradigmen zum einen die<br />
„beschränkte Selbstauffassung“ und zum anderen das „unbeschränkte<br />
Selbstbewußtsein“. 135 Bei der Selbstauffassung der Paradigmen, Geltung nach<br />
innen, besteht der Verdacht der reduktionistischen Selbstwahrnehmung, d. h.<br />
es wird die eigene Komplexität nicht ausreichend wahrgenommen, sei es<br />
unbewusst oder bewusst. Das führt dazu, dass oftmals das eigene (paradigmatische)<br />
Potential nicht erkannt und ausgeschöpft wird, da das<br />
(reduktionistische) Bild nach außen auch wieder reduktionistisch nach innen<br />
wirkt. So wird das eigentlich Komplexe durch seine simplifizierende<br />
Darstellung nach außen tatsächlich simpel. Die Reduktion kann darauf<br />
zurückgeführt werden, dass Paradigmen vornehmlich um das Verfolgen der<br />
„intentio recta“ 136 bemüht sind. In ihrer Spezifikation, in ihrer fokussierenden<br />
Verengung liegt einerseits die Bedingung des Potentials und der Produktivität<br />
von Paradigmen begründet, andererseits aber bedarf es der Verflechtung<br />
dieser Spezifikation mit anderen Spezifikationen, was nur selten<br />
von Paradigmen geleistet wird. Die Spezifikation geht auf Kosten der Adap-<br />
134 Ähnlich auch Jameson, F. (1986b): Postmoderne - Zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus,<br />
in: Huyssen, A./Scherpe, K.R. (Hrsg.), Postmoderne. Zeichen eines kulturellen<br />
Wandels, Reinbek bei Hamburg, S. 45-102, hier S. 99f., zitiert nach Welsch (1993:<br />
157ff.). Welsch gibt Jameson diesbezüglich wie folgt wieder: „So wie es durch Ausbildung<br />
neuer Organe und Wahrnehmungsformen gelingen könnte, sich im postmodernen<br />
Hyperraum neu zu orientieren, so vermöchten eventuell neue, vernetzungserfahrene<br />
Denkformen im planetarischen Raum des multinationalen Kapitalismus einen<br />
neuen <strong>St</strong>andort zu begründen, der seinerseits neue Handlungsmöglichkeiten freisetzte.“<br />
(Welsch 1993: 158). Diese vernetzungserfahrenen Denkformen sind diejenigen,<br />
die die Pluralität, „Die Neue Unübersichtlichkeit“ (Habermas, J. (1985): Die Neue<br />
Unübersichtlichkeit. Kleine Politische Schriften V, Frankfurt) überbrücken helfen.<br />
135 Welsch (1996: 673).<br />
136 Welsch (1996: 674).<br />
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