TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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gründungen durch Reflexion mögen diese Disziplinen augenscheinlich die<br />
besten Voraussetzungen mitbringen und deren Dialog miteinander ist wohl<br />
selten fruchtbarer gewesen. Auch wenn Derrida zwischen dem Grundsatz<br />
der Gleichbehandlung und dem der Fürsorge als moralische Orientierungen<br />
keine sich aufdrängenden permanenten Verbindungen sieht, so verweist er<br />
doch auf die Möglichkeit eines situativen Perspektivenwechsels, der gewaltsame<br />
Züge tragen mag, jedoch um der Gerechtigkeit Willen zu vollziehen<br />
ist. 128 Aus Sicht des Dekonstruktivismus ist diese Akzeptanz einer nicht nur<br />
identifizierten, sondern auch als Form einer asymmetrischen Verpflichtung<br />
wahrgenommenen Verschiedenartigkeit ein Schritt aus der streng deskriptiven<br />
Position heraus.<br />
11.3 Die andere Gemeinschaft – von der Einstellung zur Anerkennung<br />
des Anderen<br />
Im Blick auf die konkrete, auch diskursive Situation des Sozialen, die vor<br />
allem in der abschließenden Betrachtung des sozialen Systems „Unternehmung“<br />
interessiert, ist eine Spezifizierung bezüglich der Art und Weise der<br />
Berücksichtigung des Nicht-Identischen und dessen Verhältnis zu den unterschiedlichen<br />
kriterialen Grundsätzen notwendig. Was macht nun genau die<br />
personale Heterogenität aus?<br />
Individualität kann sich nach Honneth in der „Singularität des Sprachspiels,<br />
in der unaufhebbaren Differenz aller menschlichen Wesen oder in der konstitutiven<br />
Hilfsbedürftigkeit des einzelnen Menschen“ 129 ausdrücken. Deren<br />
Berücksichtigung kann darum als „erweiterte Form der sozialen Gleichbehandlung,<br />
als <strong>St</strong>eigerung der ethischen Sensibilität oder als asymmetrische<br />
Verpflichtung zwischen Personen“ 130 interpretiert werden. 131 Aus dieser<br />
Differenzierung lässt sich im Vergleich zu den bisher vorgestellten Differenzierungskriterien<br />
in der Postmoderne-Debatte und der Vernunft-Konzeption<br />
von Welsch die letzte Alternative als ein qualitativ Neuartiges identifizieren.<br />
Die Hilfsbedürftigkeit von Menschen, deren Berücksichtigung eine asym-<br />
128 Vgl. die Ausführungen bei Honneth (2000a: 164f.).<br />
129 Honneth (2000a: 134).<br />
130 Ebenda.<br />
131 Auch Tugendhat stellt die Bedeutung der Gemeinschaft für die eigene Identitätskonstruktion<br />
dar und prüft die Aussage, ob „das Individuum sich eigentlich zu sich nur<br />
verhält, indem es sich in einem affirmativen Verhältnis zu seiner Gemeinschaft weiß“<br />
(Tugendhat 1979: 319).<br />
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