TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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disziplinär erfolgen; die Zielgröße „Gewinn“ kann dabei vom Zweck zum<br />
Mittel werden. 31<br />
b) Die Organisationstheorie fokussiert nur indirekt auf die inhaltliche<br />
Dimension der Zielvorstellung; eher thematisiert sie den Prozess der Zielentstehung.<br />
In der „neoklassischen“ Betriebswirtschaftslehre bleibt dieser<br />
Entstehungsprozess ausgeblendet. Das unternehmerische Ziel ist letztlich<br />
unabhängig von den individuellen Wirtschaftssubjekten, von den Mitarbeitern<br />
der Unternehmung. Es wird unabhängig davon (voraus)gesetzt. Die<br />
Organisationstheorie sieht entgegen dieser Setzung in der unternehmerischen<br />
Realität vielmehr eine Vielzahl komplexer Entscheidungsprozesse,<br />
aus denen eine Zieldefinition sukzessive entsteht und definiert wird. Dies<br />
wäre eine Zielvorstellung der Unternehmung, nicht für die Unternehmung. 32<br />
Aus der organisationstheoretischen Sicht treten dabei insbesondere die Entscheidungsprozesse<br />
der Unternehmung in den Vordergrund. Es lässt sich<br />
diesbezüglich aufzeigen, dass die Entscheidungstheorie in ihrem Abstraktionsgrad<br />
und der damit einhergehenden inhaltlichen Disposition anschlussfähig<br />
an das ökonomische Rationalprinzip ist, welches, wie angedeutet,<br />
einen ähnlichen Abstraktionsgrad aufweist. 33<br />
Beiden Antithesen ist ein übergeordneter Kritikpunkt gemeinsam, der sich<br />
auf den Befund der Pluralität gründet; Pluralität der Inhalte und Pluralität<br />
der Prozesse. Im Kontext der Unternehmung und der Notwendigkeit von<br />
Koordination zur gemeinsamen Erreichung einer Zielvorstellung wird aus<br />
31 Vgl. vor allem Bidlingmaier, J. (1964): Unternehmensziele und Unternehmensstrategien,<br />
Wiesbaden, S. 42ff., der die Unternehmensziele in ihren materialen und nominalen<br />
Bestimmungen unterscheidet und ihren monistischen und/oder pluralistischen<br />
Charakter deutlich macht. Diese Differenzierung geschieht dabei bei Bidlingmaier<br />
unter explizitem Verzicht auf die homo-oeconomicus-Prämissen.<br />
32 Um zu unterscheiden zwischen einer Zielvorstellung, die eher aus dem Unternehmen<br />
heraus entstanden ist (der) und einer Zielvorstellung, die eher aus der theoretischen<br />
Reflexion auf die Unternehmung angewendet wird (für), wird obige Formulierung<br />
gewählt. Dieser Perspektivenwechsel geht zurück auf Kirsch, W. (1992): Kommunikatives<br />
Handeln, Autopoiese, Rationalität, München, der dies im Zusammenhang mit<br />
der Definition seines betriebswirtschaftlichen Ansatzes verwendet. Es beschreibt seinen<br />
Ansatz als eine „Lehre für die Führung auf der Grundlage einer Lehre von der<br />
Führung“ (Kirsch 1992: 2). Der Ursprung und Zielpunkt von Prozessen sind zu differenzieren.<br />
Vgl. hierzu auch Ulrich, H. (1970): Die Unternehmung als produktives soziales<br />
System, 2. überarbeitete Aufl., Bern/<strong>St</strong>uttgart, S. 161f.<br />
33 Vgl. hierzu Freimann (1977: 58ff.). Zu einer Übersicht über die Unterschiede der organisationstheoretischen<br />
Ansätze bspw. Walter-Busch, E. (1996): Organisationstheorien<br />
von Weber bis Weick, Amsterdam.<br />
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