TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Vermögen der Reflexion als zentralen Vollzug der Vernunft aus. Er versucht<br />
damit die objektive Vernunft durch den „Filter“ der individuellen Reflexion<br />
in seiner Konzeption zu konstituieren. Vernunft ist primär subjektives Vermögen,<br />
doch immer in Bezug auf die objektive Vernunft, über die nicht zu<br />
entscheiden ist. Damit ist der objektiven Vernunft die subjektive Vernunft<br />
zumindest im Vollzug gleichberechtigt an die Seite gestellt. Die Vernunft erfährt<br />
eine „Aufwertung“ durch die reflektierte <strong>St</strong>ärkung der subjektiven<br />
Vernunft und damit des Vollzugs, wenn sich die postmodern-moderne Position<br />
so zusammenfassen lässt. 78<br />
5.5 Zusammenfassung<br />
Es soll im Folgenden versucht werden, die zu der Moderne-Postmoderne-<br />
Debatte skizzierten Überlegungen teils resümierend, teils konkretisierend in<br />
einzelnen Punkten zusammenzufassen:<br />
� Postmoderne kann nur in, mit, wegen und durch Moderne gedacht und<br />
entwickelt werden.<br />
� Moderne und Postmoderne sind weder substitutiv noch komplementär<br />
zueinander. Postmoderne stellt lediglich den Versuch dar, die Moderne<br />
weiterzuentwickeln.<br />
� Die postmoderne Moderne bezieht sich selbst selbstreferentiell in ihren<br />
Gegenstandsbereich mit ein. Postmoderner Anspruch kann nur relativ zum<br />
bereits Bestehenden, der späten Moderne, verstanden werden. Die postmoderne<br />
Moderne stellt damit die logische Konsequenz einer zu Ende gedachten<br />
Postmoderne dar, die auch selbstbezüglich über jeglichen Ausschließlichkeitsanspruch<br />
erhaben ist. 79<br />
78 Die postmoderne Subjektorientierung darf nicht mit einer methodologischen Entscheidung<br />
verwechselt werden, wie sie im Kontext der wirtschaftswissenschaftlichen<br />
Debatte im Methodologischen Individualismus transportiert wurde und wird. Durch<br />
die einseitige Rezeption des Individuums in einer naturalistisch-darwinistischen<br />
Rekonstruktion und ihrer linearen positivistischen Fortschreibung gibt sich die Ökonomie,<br />
als wäre sie natürliche und damit logische Konsequenz menschlichen Verhaltens.<br />
Auf diese Weise versuchte sich die Wirtschaftswissenschaft einer ethischen Reflexion<br />
zu entziehen; sie proklamierte Wertfreiheit. Doch ist diese anthropologische<br />
Interpretation reduktionistisch, welche den Menschen als kulturelles Wesen ignoriert<br />
und nur als rein reaktives Lebewesen deutet. Vgl. zur Kritik des Methodologischen<br />
Individualismus Ulrich (1998: 184ff.).<br />
79 Siehe das bereits angeführte Zitat bei Welsch (1993: 82f.).<br />
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