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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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„Was im ersten Teil als subjektive Vernunft bezeichnet wurde, ist jene Einstellung<br />

des Bewußtseins, die sich ohne Vorbehalt der Entfremdung von Subjekt<br />

und Objekt, dem gesellschaftlichen Prozeß der Verdinglichung anpaßt,<br />

aus Furcht, sie verfiele sonst der Unverantwortlichkeit, der Willkür, und<br />

werde zu einem bloßen Gedankenspiel. Die gegenwärtigen Systeme der objektiven<br />

Vernunft stellen auf der anderen Seite Versuche dar, die Auslieferung<br />

des Daseins an Zufall und Ungefähr zu vermeiden.“ 66<br />

Nach Horkheimer schließt dabei die objektive die subjektive Vernunft mit<br />

ein, jedoch nicht notwendigerweise umgekehrt. Beide Formen der Vernunft<br />

haben ihre potentiellen Konflikte: die subjektive Vernunft tendiert zum<br />

„vulgären Materialismus“, die objektive Vernunft hingegen hat eine „Neigung<br />

zur Romantik“. 67 Dabei zieht sich die objektive Konzeption der Vernunft<br />

seit jeher durch die verschiedenen Epochen der Geschichte: von der<br />

Antike bei Platon und Aristoteles, durch die Scholastik bis hin zum deutschen<br />

Idealismus. Dadurch, dass nun seit jüngster Zeit das Subjekt sich der<br />

Vernunft – so Horkheimer im Jahre 1946 - bemächtigt (nicht bedient!), wird<br />

Vernunft subjektivistisch relativiert und individuellen Belegungen preisgegeben.<br />

68 Dass jedoch auf der anderen Seite eine stärkere Betonung der<br />

Vernunft als subjektives Vermögen notwendig ist, scheint vor allem in der<br />

Postmoderne-Debatte ebenso unstrittig. Die Frage bleibt, auf welche Weise<br />

dies geschehen soll, so dass die Vernunft selbst nicht ihre Basis verliert.<br />

Horkheimer kritisiert, dass durch die Subjektivierung der Vernunft diese<br />

nicht länger mehr „ein der Wirklichkeit innewohnendes Prinzip“ 69 ist, sondern<br />

eher ein rein subjektives Vermögen. Nach Horkheimer besteht hierin ein<br />

grundlegender Unterschied. Aus diesem Grunde, aufgrund der Betonung<br />

66 Horkheimer (1967: 162).<br />

67 Ebenda.<br />

68 Die Subjektivierung der Vernunft, Horkheimer sieht diese als Krankheit, entsteht nach<br />

seiner Meinung durch das Verlangen des Menschen, die Natur zu beherrschen und<br />

seine Genesung, die des Menschen, hängt von der Einsicht ab, dass „Geist“ und<br />

„Natur“ zwar nicht eins sind, jedoch „unauflöslich miteinander verbunden sind.“<br />

(Horkheimer 1967: 158). So ist ihre Differenz notwendig, denn Geist ist nicht gleich<br />

Natur, jedoch entsteht diese Differenz in der vernünftigen Reflexion immer in Bezug<br />

auf ihre Komplementarität. „Auf der Einheit von Natur und Geist bestehen, heißt mit<br />

einem ohnmächtigen coup de force aus der gegenwärtigen Situation ausbrechen,<br />

anstatt geistig über sie hinauszugehen in Übereinstimmung mit den Möglichkeiten<br />

und Tendenzen, die ihr innewohnen.“ (Horkheimer 1967: 158). Die Vernunft zeigt<br />

sich in der Abwesenheit von Hierarchie insofern, als dass die Beherrschung nicht eindeutig<br />

von einer Seite über die andere besteht. Dies würde einen Dualismus implizieren<br />

und damit der Komplementarität entgegenstehen.<br />

69 Horkheimer (1967: 16).<br />

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