TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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Aus volkswirtschaftlicher Perspektive kommt dieser positivistisch und<br />
operationell-geschlossene <strong>St</strong>atus der Ökonomie in der Abkoppelung des<br />
Angebots von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage zum Ausdruck. Diese<br />
Abkoppelung geschieht nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ.<br />
Während die quantitative Abkoppelung die Frage nach der Bedürfnisgenerierung<br />
aufwirft, so macht die qualitative Abkoppelung zweierlei deutlich:<br />
� Im wortwörtlichen Sinne kann hierunter die Produktqualität verstanden<br />
werden; diese stellt aus rein ökonomischer Perspektive zumindest bei<br />
Gebrauchsgütern ein zweischneidiges Schwert dar. Einerseits schafft<br />
Produktqualität Kundenbindung, andererseits erhöht sie aber auch die<br />
Verweildauer der Produkte im Markt, was den Umlauf und damit den<br />
Umsatz senkt. Der längeren Verweildauer steht zudem die Beschleunigung<br />
der technologischen Entwicklung gegenüber. Elektronische Gebrauchsgüter<br />
hemmen das Wirtschaftswachstum, wenn sie dann noch funktionsfähig<br />
sind, obwohl bereits ein technologisch weiterentwickeltes Produkt auf seine<br />
Kunden wartet. So ist häufig die Reparatur elektronischer Geräte gar nicht<br />
möglich bzw. nicht sinnvoll, da der Neukauf günstiger ist. Dies ist vornehmlich<br />
auf eine bestimmte Produkt- und Wirtschaftspolitik zurückzuführen.<br />
Dem entgegengesetzt ist ein weiteres Verständnis von Produktqualität notwendig,<br />
um die gesamten Kosten abbilden zu können. Dieses Verständnis<br />
bezieht sich - neben den rein materiellen Bestimmungen des Produkts - auf<br />
die personalen und nicht-personalen (Ökologie) <strong>St</strong>akeholder, die indirekt<br />
von dem Kauf eines Produkts und dessen Nutzung (und dazu gehört auch<br />
die Entsorgung!) betroffen sind. 72 Gebrauchsgüter erodieren so zu Konsumgütern:<br />
Benutzen und Entsorgen. 73<br />
72 Vgl. hierzu Sietz, M. [Hrsg.] (1998): Umweltschutz, Produktqualität und Unternehmenserfolg:<br />
vom Öko-Audit zur Ökobilanz, Berlin u. a. Zu diesem erweiterten Verständnis<br />
gehört jedoch auch die explizite Integration der Nachfrageseite in ihrem<br />
Verhalten; nur eine gemeinsame Anstrengung von beiden Seiten trägt zu einer nachhaltigen<br />
Gestaltung von Produktqualität bei. In diesem Sinne ließe sich auf der Nachfrageseite<br />
von einer „Konsumentenethik“ sprechen, die entsprechende Anreize und<br />
Sanktionen für die Angebotsseite schafft. Vgl. zu einer detaillierteren Ausarbeitung<br />
auch Knobloch, U. (1994): Theorie und Ethik des Konsums. Reflexion auf die normativen<br />
Grundlagen sozialökonomischer Konsumtheorien, Bern/<strong>St</strong>uttgart/Wien, und<br />
Hansen, U./Schrader, U. (1999): Zukunftsfähiger Konsum als Ziel der Wirtschaftstätigkeit,<br />
in: Korff, W. et al. (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftsethik, Bände I-IV, Gütersloh,<br />
S. 463-486.<br />
73 Arendt (2001) beschreibt den Charakter von Konsumgütern und deren Differenz sehr<br />
eindrücklich schon im Jahre 1958: „Unter allen Gegenständen, die wir in der Welt vor-<br />
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