TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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auf eine Klärung der Frage der Zuständigkeiten. Diese Zuständigkeitsdebatte<br />
steht mit dem Schlagwort „gesellschaftliche Verantwortung“ neben<br />
anderen Fragen im Mittelpunkt auch wirtschaftsethischer Reflexionen. Es ist<br />
diese Verbindung von deontologischer Begründung und praxeologischem<br />
Bezug, die Prinzipien und Verantwortung in einer Systematik integriert. Dies<br />
beschreibt Ulrich wie folgt:<br />
202<br />
„Auch Verantwortungsethik ist, wenn der Begriff mehr als ein rhetorisches<br />
Symptom für „gesinnungslosen“ Opportunismus sein soll, nur als deontologisch<br />
fundierte, prinzipienorientierte Verantwortungsethik zu haben.“ 89<br />
Das deontologische Moment ist dabei eingebettet in eine begründete Sukzession,<br />
die eine ungefilterte Pflichtenethik vor dem Hintergrund des intersubjektiven<br />
Charakters der Lebensweltlichkeit reflektiert. Der reflektierte Durchgriff<br />
von Grundbedingungen unseres Daseins in das alltägliche Handeln,<br />
diese eingeforderte Konsequenz stellt sich auch für jede Deskription einer<br />
Vernunft-Konzeption. Die Kompetenz, die sich durch die Einsicht in die<br />
Grundstruktur des Lebens und ihrer Folgerungen bildet, die sich durch den<br />
Vollzug der „Reflexivität des Lebens“ 90, das dritte Grundelement ethischer<br />
Lebensführung nach Rendtorff, entwickelt, kann sich ihrerseits nicht aus<br />
ihrer charakteristischen Konstellation lösen: als individuelle Kompetenz<br />
steht sie in der intersubjektiven Verwiesenheit der gesellschaftlichen Gemeinschaft<br />
und stellt somit potentiell auch die Kompetenz des Anderen dar.<br />
Die eigene Erweiterung steht dabei nicht in substitutiver Beziehung zum<br />
Anderen, so dass sich damit dessen Raum, dessen Leben notwendig verengen<br />
würde, sondern kann in ihrer „Bewusstseinserweiterung“ die Freiheit<br />
des Anderen ausweiten. Diese Systematik kann treffend beschrieben werden<br />
durch die „Freiheit der Vergegenwärtigung“. Die Reflexion der eigenen<br />
Bedingtheit, im Sinne einer intersubjektiven Bezogenheit, baut Unsicherheit<br />
ab und Vertrauen auf. 91 In ihrer Orientierungsleistung trägt sie zur Lebens-<br />
89 Ulrich (1998: 74; Hervorhebung im Original).<br />
90 Rendtorff (1980: 62).<br />
91 Analog hierzu ließe sich beispielsweise im Unternehmen die Funktion der „Organisation“<br />
beschreiben. Organisation koordiniert die einzelnen Funktionsbereiche,<br />
stimmt sie aufeinander ab, reduziert damit Reibungsverluste und schafft Freiheit,<br />
denn Routine muss nicht jeden Tag aufs Neue erfunden werden. Vgl. zu der Funktion<br />
von Routine die Ausführungen in Abschn. 2.2.