TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen
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keitsvorstellung eines okzidentalen Rationalismus verschrieben sein. 187 Vielmehr<br />
verbindet sich eine solche Planung auch in ihrer Determination mit<br />
einer gemäßigten Einstellung, einem gemäßigten Voluntarismus. 188 Planung<br />
geschieht im Bewusstsein auf die nicht vollständig determinierbare zukünftige<br />
Entwicklung. Dieses Bewusstsein beginnt dort, wo der Ist-Zustand festgestellt<br />
wird und endet dort, wo der Zielpunkt bzw. der Zielkorridor festgelegt<br />
wird. Evaluation und Extrapolation bilden den Rahmen jeglicher Entwicklungsmaßnahme.<br />
Ihre Relativierung durch Sensibilisierung für das<br />
Mögliche steht im Zeichen einer postmodern-ethischen Organisations-<br />
theorie. 189<br />
Inhaltlich hat jede Organisationsentwicklungsmaßnahme in der Umsetzung<br />
mit der Evaluation zu beginnen. Ohne eine möglichst authentische Analyse<br />
des Bestehenden laufen neue Entwicklungen Gefahr ins Leere zu laufen.<br />
Wenn nämlich eine Entwicklung nicht dort ansetzt, wo das zu Entwickelnde,<br />
hier: die Unternehmung, sich zu dem Zeitpunkt tatsächlich befindet, so greifen<br />
die Maßnahmen nicht. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass im<br />
Falle einer nur unzureichenden Evaluation die Entwicklungen nicht dasjenige<br />
entwickeln, was tatsächlich einer Entwicklung bedarf. Insbesondere in<br />
der Gewichtung zwischen <strong>St</strong>art- und Zielpunkt unterscheiden sich die herkömmlichen<br />
Konzeptionen von der hier vorgestellten Position. In herkömmlichen<br />
Konzeptionen führt die Machbarkeitsthese dazu, eine allzu detaillierte<br />
187 Vgl. hierzu ausführlicher Kirsch, W. (1984b): Evolutionäres Management und okzidentaler<br />
Rationalismus, unveröff. Arbeitspapier, München.<br />
188 Vgl. hierzu Kirsch, W. (1984a): Wissenschaftliche Unternehmensführung oder Freiheit<br />
vor der Wissenschaft? <strong>St</strong>udien zu den Grundlagen der Führungslehre, 2 Halbbände,<br />
München, S. 605ff., Kirsch (1992: 536ff.) und Kirsch (1994: 228f.). Vgl. zudem Abschn.<br />
5.1. Auch Müller-<strong>St</strong>ewens/Lechner sehen ihren Ansatz, den sie den „General Management<br />
Navigator (GMN)“ nennen, zwischen Determinismus und Voluntarismus<br />
und konzeptualisieren ihre Modelle bewusst in diesem Spannungsfeld. Vgl. hierzu<br />
Müller-<strong>St</strong>ewens, G./Lechner, C. (2001): <strong>St</strong>rategisches Management: Wie strategische<br />
Initiativen zum Wandel führen; der <strong>St</strong>.-Galler-General-Management-Navigator, <strong>St</strong>uttgart.<br />
„Sogar“ Lyotard sieht das Subjekt nicht in einer völligen (postmodernen) Ohnmacht<br />
und äußert sich ähnlich der Position des gemäßigten Voluntarismus: „Das<br />
Subjekt ist also nicht aktiv oder passiv, es ist beides zugleich, aber es ist das eine oder<br />
andere nur insofern, als es - in einem Regelsystem von Sätzen befangen - sich selbst<br />
mit einem Satz eines anderen Regelsystems konfrontiert und, wenn nicht nach den<br />
Regeln ihrer Versöhnung, so doch wenigstens nach den Regeln ihres Konflikts sucht,<br />
das heißt nach seiner immer bedrohten Einheit.“ (Lyotard 1987: 116).<br />
189 Der Begriff „Mögliche“ soll gleichermaßen einen gemäßigten Voluntarismus zum<br />
Ausdruck bringen, wie auch die Möglichkeit der Wahrnehmung der individuellen<br />
Andersartigkeit; somit ist das „Mögliche“ zugleich kontingent als auch transzendent<br />
gedeutet.<br />
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