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TRANSVERSALE WIRTSCHAFTSETHIK - Universität St.Gallen

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Hierdurch wird die ökonomische Rationalität als solche vielleicht etwas vorschnell<br />

einerseits in die Hände der individuellen Akteure gelegt, andererseits<br />

in die Rahmenordnung „ausgelagert“. In der mittleren Position zwischen<br />

Rahmen und Individuum sieht sich der hier vertretene Ansatz: Das Individuum<br />

steht in seiner Auslegung und Reproduktion von wirtschaftlichem<br />

Denken immer auch in reziproker Beziehung zu den – hier insbesondere<br />

ökonomischen – Rahmenbedingungen, zum System. Hieraus ergibt sich ein<br />

latentes „ausgeliefert sein“ des Individuums; der Einzelne ist immer auch<br />

Produkt seines Rahmens. Doch ist er immer auch Produzent bzw. zumindest<br />

„Reproduzent“ dieses Rahmens und somit in einer konstitutiven und damit<br />

aktiven Rolle. Wird diese Rolle negiert, wird im Umkehrschluss dem Rahmen<br />

eine subjektunabhängige Bedeutung beigemessen, die sich logisch<br />

jedoch nicht aufrechterhalten lässt. Aus real-soziologischer Perspektive mag<br />

es hingegen plausibel sein, wenn das Individuum als Produkt der Gesellschaft<br />

rekonstruiert wird. Doch diese Einsicht kann nur in der Dialektik zum<br />

Menschen als schaffendes Wesen bzw. zum schaffenden Wesen in seinem<br />

„vita activa“ gewonnen werden, nicht unabhängig von dieser Dialektik. Es<br />

käme einer einseitigen Überbetonung gleich, würde man den Menschen als<br />

allein produziertes Wesen interpretieren, auch wenn es um die soziale Faktizität<br />

geht, so beispielsweise Homann:<br />

Auch wenn dieser die Rolle der Individualmoral anspricht, so kann dies<br />

nichts daran ändern, dass sie bei ihm nicht gleichrangig und schon gar nicht<br />

vorrangig, sondern nachrangig zu den institutionellen Konstitutionen<br />

fungiert. 4 Sie greifen dort, wo evident wird, dass die über Verträge zustande<br />

gekommenen Rahmenordnungen systematisch unvollständig bleiben und<br />

bleiben müssen. Diese „systemischen Löcher“ hat das Individuum zu stopfen,<br />

ansonsten sich aber reaktiv zu verhalten, so würde die polemische Interpretation<br />

dieser Position lauten. Homann stellt seinem Ansatz ähnliche Befunde<br />

voraus wie in der hier entwickelten Argumentation, zieht jedoch andere<br />

Konsequenzen. Die funktionale Ausdifferenzierung in der Moderne – und<br />

damit auch die Abkopplung der ökonomischen Rationalität von gesellschaftlichen<br />

Bereichen – würde in ihrer Leistungsfähigkeit bedroht, hätte sie<br />

sich einer „externen“ Norm zu beugen; ihre funktionalen, systemischen<br />

äquater Weise expliziert werden. Da der Ulrichsche Ansatz in die hier vorgestellte<br />

Konzeption vielfältig einfließt, beziehen sich die im Text gemachten Bemerkungen<br />

eher in differenzierender Weise auf den Homannschen Ansatz.<br />

4 Vgl. hierzu Homann/Blome-Drees (1992: 135ff.).<br />

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